Wie der VfB seine Zukunft plant



Weil sich Fußball-Trainer dann und wann falsch verstanden fühlen, suchen sie vor Spielen gern das Gespräch unter sich. Vielleicht hatte Jürgen Klopp eine Vorahnung beschlichen, jedenfalls schilderte er Bruno Labbadia in blumigen Worten die Mühsal eines Titelträgers zwischen Liga, DFB-Pokal und Champions League – und stieß bei seinem Leidensgenossen auf tiefes Verständnis. „Du hast im Profi-Fußball keine Sekunde Ruhe mehr“, sagt Bruno Labbadia. Ein Lamento, das angesichts des stattlichen Dortmunder Kaders nicht so richtig verfängt. Schon eher im Hinblick dessen, was der Spielberichtsbogen des VfB im ­Regelfall zu bieten hat.

So betrachtet ist es aus Stuttgarter Sicht keine Übertreibung, das schwer erkämpfte 0:0 vor 80 560 enthusiastischen Fans im Dortmunder Signal-Iduna-Park als ein Gesamtkunstwerk zu würdigen, in dem viele Details dazu beitrugen, einen Eindruck zu verfestigen: Die Mannschaft hat sich nach anfänglichen Schwierigkeiten wieder gefunden. Und wie schon zuletzt bestätigte sie, was ihr Trainer und Manager zutrauen: ­alles, sofern sich die störenden Einflüsse in Grenzen halten. „Wir tun, was wir können“, sagt Bruno Labbadia mit einem gewissen Stolz. Gegen den deutschen Meister war es eher noch ein bisschen mehr: Taktik, Lauffreude, Einstellung, Zweikampfverhalten – alles auf hohem Niveau. „Nur die Kaltblütigkeit im Abschluss fehlt uns noch ein bisschen“, sagt Fredi Bobic und kaut angestrengt auf den Lippen.

Ein Minus zwischen acht und zehn Millionen Euro leuchtet unter der Jahresbilanz 2012

Es ist die Zeit im Jahr, in der die Architekten der Vereine die ersten Linien ziehen, um ihre Gebäude für künftige Beben aller Art unanfälliger zu machen. Weshalb die üblichen Verdächtigen beim Verein für Bewegungsspiel wieder einmal darüber nachdenken, ob sie während der Winterpause Geld ausgeben, das sie eigentlich nicht haben. Ein Minus zwischen acht und zehn Millionen Euro leuchtet unter der Jahresbilanz 2012, was aber niemandem den Schlaf raubt. Die Sparmaßnahmen der vergangenen beiden Jahre fangen erst 2013 an spürbar zu wirken.

Fraglos könnte der knapp bemessene ­Kader von Bruno Labbadia die eine oder andere Auffrischung vertragen. Der hochtourige Tanz auf drei Hochzeiten bleibt auf die Dauer nicht ohne Folgen. Sperren, Verletzungen oder Formtiefs nahen so unweigerlich wie die Nacht auf den Tag. Zwei junge Perspektivstürmer aus dem Ausland stehen ganz oben auf der Liste der Scouting-Abteilung. Nicht schaden könnte außerdem ein Außenverteidiger, der auf rechts wie auf links sein Handwerk versteht.

„Klar ist, wir können nicht mit Millionen jonglieren“, sagt Fredi Bobic, der hofft, ähnlich wie im Fall von Vedad Ibisevic im Vorgriff in die weiß-rote Keksdose greifen zu dürfen. Helfen könnte das vor allem der Mannschaft auf ihrem Weg zur Verstetigung ihrer Leistung. Und beruhigen könnte es den Trainer, der darüber nachdenkt, sich für drei weitere Jahre in Stuttgart zu binden. „Dann sind unsere Perspektiven ziemlich gut“, sagt Bobic, der sich auf die nächsten zwei, drei Jahre freut: „Dann rücken wieder ein paar Talente aus der Jugend nach, die das Zeug zum Profi haben.“ Stürmer Timo Werner zum Beispiel, der in der B-Jugend gute ­Ansätze zeigt.

Hundt will nicht noch einmal kandidieren

Ob Bobic bei seinen Planungen für die ­Zukunft in jedem Fall mit dem Plazet des Aufsichtsrats rechnen kann, ist eine ganz andere Frage. Dieter Hundt, der mächtige wie selbstbewusste Vorsitzende des Kontrollgremiums, steht 2014 zur Wahl – wie auch der Rest des sechsköpfigen Gremiums. Nach Informationen unserer Zeitung denkt der Arbeitgeberpräsident aber nicht daran, noch einmal zu kandidieren. Weshalb er wenig Gefallen daran finden wird, sein Amt mit einem Minus in der Bilanz zu übergeben.

Ihm nachfolgen soll Joachim Schmidt, Vertriebs- und Marketingchef bei Mercedes-Benz. Er war ursprünglich als Nachfolger von Erwin Staudt vorgesehen, lehnte aber ab, weil ihn Daimler-Chef Dieter Zetsche nicht gehen lassen wollte. Vor allem Schmidt hat es der VfB zu verdanken, dass die Mercedes-Bank als neuer Hauptsponsor jährlich rund sechs Millionen Euro überweist.

Intern lässt Schmidt keine Zweifel, dass auch unter seiner möglichen Führung der Stuttgarter Weg das Maß der Dinge im Aufsichtsrat bleibt. Was die Mercedes-Bank aber nicht davon abhalten müsste, ihr Engagement beim sportlichen Aushängeschild der Region auszuweiten.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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