Bundesliga

Lieber heute als morgen aus dem Keller

Wenn die Mannschaft nach dem 3:1-Sieg in Köln nicht nachlässt, dürfte den VfB-Fans eine Zittersaison wie in den vergangenen Jahren erspart bleiben.


3:1 in Köln gewonnen – der VfB darf jubeln.

Auf dem Papier liest sich alles wie ­immer. Die obligatorische Heimpleite zum Saisonauftakt gegen den 1. FC Köln revanchierte der VfB Stuttgart mit einem ebenso in der Tradition stehenden Erfolg in der Domstadt. 3:1 – das Ergebnis war dasselbe wie damals im August, als der VfB trotz hundert Chancen das Tor nur einmal traf und nach der Pleite erst in eine Ergebnis- und nachfolgend in eine tiefe Sinnkrise stürzte. Das Ergebnis ist bekannt. Trainer Alexander Zorniger musste gehen, am Samstag feierte Jürgen Kramny seine Premiere als VfB-Cheftrainer. Und was für eine! Sportvorstand Robin Dutt sah eine „ehrliche Leistung“, Kramny sprach von einer „reifen Leistung“, und Kölns Trainer Peter Stöger war vom Auftritt der Roten gar „beeindruckt“. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen; auf alle Fälle lässt der Rückrundenauftakt all jene, die den Brustring im Herzen tragen, mit einem deutlich niedrigeren Puls in die Zukunft ­blicken als noch vor Weihnachten. Lieber heute als morgen möchte der VfB raus aus dem Keller der Bundesliga. Und es spricht einiges dafür, dass dies gelingen könnte. So wirkt die Mannschaft zum ersten Mal in dieser Saison richtig gefestigt. Kam der Sieg gegen den VfL Wolfsburg vor der Winterpause noch durch manch glücklichen Umstand zusammen, so war der Erfolg in Köln das verdiente Ergebnis harter Arbeit. Pressen, Gegenpressen (zum richtigen Zeitpunkt), Umschalten – die Mechanismen greifen immer besser, die Abkehr vom „Wildwest-Fußball“ (Kramny) vergangener Tage scheint endgültig vollzogen.

Stärken der Mannschaft kommen zur Entfaltung

Dadurch kommen auch die Stärken der Mannschaft wieder zur Entfaltung: Allen voran das Mittelfeld, in dem Christian Gentner, Lukas Rupp und Daniel Didavi den Gegner teilweise schwindelig kombinierten. Der Kapitän blüht an ihrer Seite richtig auf. Durch die grundsätzlich tiefere Absicherung wird auch die viel gescholtene Defensivabteilung entlastet. So sehen Georg Niedermeier und Daniel Schwaab plötzlich gar nicht mehr so alt aus, was für Robin Dutt bei der Suche nach einem neuen Innenverteidiger die Brisanz nimmt. Er sah sich am Samstag bestätigt in seiner Aussage, „unsere ­Innenverteidigung nicht schlechtreden lassen zu wollen“. Nach Köln gilt umso mehr: Ein Neuer kommt nur, sofern er wirklich Verstärkung verspricht. Im direkten Vergleich zur viel gelobten Kölner Abwehrzentrale um Dominic Maroh und Dominique Heintz kommt man zu dem Schluss: Das können Niedermeier/Schwaab auch.

Wenn dann auch noch Filip Kostic seine Lust am VfB-Fußball neu entdeckt, Kevin Großkreutz sich zur besseren Alternative gegenüber Florian Klein als rechtem Verteidiger aufschwingt und der 19-jährige Timo Werner in seinem 79. Bundesligaspiel (so jung war noch keiner vor ihm) plötzlich Torjägerqualitäten an den Tag legt, muss einem um den VfB doch nicht mehr bange sein. Oder etwa doch?

Bewährungsprobe für die neue Stuttgarter Sicherheit

Die Verantwortlichen waren auf jeden Fall bemüht, den Ball flach zu halten und nicht zu Luftsprüngen anzusetzen. „Es gibt auch einiges, was nicht gut war“, mäkelte Gentner und zielte damit vor allem auf die Nachlässigkeiten in der Schlussphase. Auch Dutt hob mahnend den Zeigefinger: „Wir sollten wissen, wo wir uns befinden.“ Platz 15, das bedeutet noch immer Gefahrenzone rot. Tatsächlich sind die Spieler gut beraten, keinen Millimeter nachzulassen. Dies wird in der Bundesliga genauso schnell bestraft wie ein Schnitzer Marke Serey Dié, der dem 1. FC Köln mit seinem Ballverlust die Führung auf dem Silbertablett servierte.

Schon die kommende Begegnung gegen die giftigen Hamburger mit Ex-Trainer Bruno Labbadia am Samstag (18.30 Uhr/Sky) dürfte zur ersten Bewährungsprobe für die neue Stuttgarter Sicherheit werden. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird sich der Gegner in der eigenen Hälfte einigeln – Gegen­rezepte dieser Art zu entwickeln zählte noch nie zu den Stärken der Roten.

Aber man wird trotzdem noch träumen dürfen. Zum Beispiel von einer kleinen Serie: Hamburg, dann Frankfurt – mit einem Zwischensprint könnte der VfB fürs Erste aus dem Keller davonziehen. Und seinen Anhängern vielleicht schon frühzeitig die Angst vor einer weiteren Zittersaison nehmen. Auf diese Tradition können sie nämlich getrost verzichten.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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