2. Liga
Leicht verbessert und stark gefordertDer VfB steigert sich in Kaiserslautern, was dem Sportchef Jan Schindelmeiser bei der Trainersuche etwas den Druck nimmt – gerade vor dem Spitzenspiel.
Jan Schindelmeiser hält Ausschau nach einem neuen Trainer.
Prima, dass es im Presseraum des Fritz-Walter-Stadions in Kaiserslautern einen Kleiderständer gibt. So kann Jan Schindelmeiser seine Jacke gleich mal aufhängen, bevor er mit den Reportern spricht. „Das passt“, sagt der Stuttgarter Sportvorstand nach dem 1:0-Sieg seiner Mannschaft. Alles ist also gut gelaufen, da der VfB vor der Partie am Dienstag (17.30 Uhr) gegen den Tabellenführer Eintracht Braunschweig auch den Anschluss an die absolute Spitze der zweiten Liga gehalten hat. Eine Analyse des Ist-Zustands.
Keine Angaben zum Anforderungsprofil
Mehr als 45 000 Zuschauer kommen auf den Betzenberg und sorgen für eine volle Arena. Unter ihnen befindet sich wohl auch der Trainer, der als Favorit auf die Nachfolge des am Donnerstag zurückgetretenen Jos Luhukay gilt. Denn auf die Frage, ob der neue Mann da war, antwortet Schindelmeiser zunächst mit einem vielsagenden Schmunzeln und erwidert dann nur, dass er dazu nichts sagen will und auch nichts sagen kann. Damit liefert der Sportvorstand des VfB Stuttgart das verbale Kontrastprogramm zu dem Offensivspiel, das seine Mannschaft zuvor wenigstens phasenweise in Kaiserslautern gezeigt hatte – er mauert.
So lässt Schindelmeiser offen, wie das Anforderungsprofil aussieht und welche Fähigkeiten der Coach mitbringen muss. Bei diesem Punkt bezieht er sich zwischendurch sogar auf den großen Physiker Albert Einstein, der einmal erklärt habe, dass Erfahrung in jedem Metier grundsätzlich überschätzt wird. So sieht es Schindelmeiser jetzt auch in der Trainerfrage – wobei er hinzufügt, „dass Erfahrung aber auch nicht schadet, wenn man sie richtig einsetzt“.
Nun ist Markus Gisdol zwar kein Routinier, aber auch kein Frischling in diesem Geschäft. Der frühere Coach der TSG Hoffenheim steht weit oben auf der VfB-Liste, doch es verdichten sich auch die Anzeichen, dass Schindelmeiser eine überraschende Lösung präsentieren könnte. So war es zuletzt bei der Verpflichtung der Spieler Takuma Asano, Benjamin Pavard und Carlos Mané – drei Transfers, die wohl nicht so viele Manager abgewickelt hätten.
Fest steht nur, dass die Entscheidung nicht vor der anstehenden Partie gegen Eintracht Braunschweig fallen wird – und mit 99-prozentiger Sicherheit auch nicht vor dem Auftritt am Freitag (18.30 Uhr) in Bochum, sondern erst in den Tagen danach. „Eine Prognose kann ich wagen“, sagt der Sportvorstand, „wenn die Sache perfekt ist, wird es die Öffentlichkeit erfahren.“
Janßen bleibt dem VfB erhalten
Nach einer knappen halben Stunde geht es in Kaiserslautern eng in der Coachingzone des VfB zu. Olaf Janßen geht da schon seit dem Anpfiff auf und ab. Doch nun kommen während einer Spielunterbrechung Andreas Hinkel und Heiko Gerber hinzu. Sie komplettieren die Stuttgarter Interimslösung. Hinkel gibt noch ein paar taktische Anweisungen, Gerber muntert auf – und Janßen fügt das Ganze zusammen.
„Ich habe mir die beiden als Partner gewünscht, weil sie Herzblut für den VfB mitbringen und auch eifrige und hungrige Trainer sind“, sagt Janßen, der kleine Chef in diesem Trainertrio, das aller Voraussicht nach noch bis Freitag das Sagen haben wird. Zwei Spiele also noch. Gegen Braunschweig und in Bochum. Und danach?
Eine Frage, die Janßen nicht umtreibt. Grundsätzlich will er den VfB nicht verlassen, sobald der Club einen neuen Chefcoach präsentiert hat. Eine Fortsetzung der Arbeit ist mit dem Manager Jan Schindelmeiser auch klar besprochen. „In welcher Rolle wird die neue Konstellation dann ergeben“, sagt Janßen, der trotz der sich überschlagenden Ereignisse in der Mercedesstraße in der Kürze der Zeit eines mit Hinkel und Gerber hinbekommen hat: Der VfB hat besser Fußball gespielt als zuvor in den vier Punktpartien unter Jos Luhukay.
Viel geredet hat Janßen mit den Spielern dafür. „Damit jeder Einzelne für seine Leistung die Verantwortung übernimmt“, sagt der 49-Jährige. Zusammen soll das auch am Dienstag gegen Braunschweig zum Erfolg führen. Wobei Janßen froh ist, den Spitzenreiter in dieser Saison schon persönlich in Augenschein genommen zu haben – in Aue war das und in seiner Funktion als Spielbeobachter in Luhukays Trainerteam.
Das erleichtert Janßen und Co. nun die Vorbereitung auf die Begegnung, gleichzeitig wirft es aber die Loyalitätsfrage gegenüber seinem früheren Vorgesetzten auf. „Das ist kein Problem“, sagt Janßen. Er hat mit Luhukay telefoniert und sich dessen Okay eingeholt, ehe er Schindelmeiser zugesagt hat. „Jos ist ein sehr spezieller Mensch“, sagt Janßen – für den sich eine sehr spezielle Situation ergeben hat.
Asano, Hosogai und Terodde sind eine Belebung
Hajime Hosogai hat kurz noch zurückgeblickt. „Schade ist es, dass Jos Luhukay gegangen ist“, sagt der Mittelfeldspieler. Zumal der zurückgetretene Trainer ja ein Grund gewesen sei, warum er sich für den VfB entschieden habe. Doch nun ist der Niederländer weg und der Japaner noch da. Um seinen Job zu erledigen, wie Hosogai betont. Und das hat der 30-Jährige in Kaiserslautern nach einer Verletzungspause ebenso erledigt wie nach seiner Ankunft in Stuttgart: ohne Anpassungsprobleme.
Hosogai tritt im Zentrum zweikampfstark auf, auch clever, wenn es gilt einen gegnerischen Angriff durch ein taktisches Foul zu unterbinden. „Es ist wichtig, dass wir die Organisation halten“, sagt der Mittelfeldmann, der in Kaiserslautern zu den vier Neuzugängen in der Anfangself zählte – und zu den drei, die überzeugten. Denn Simon Terodde erfüllte mit dem Siegtreffer seine Kernaufgabe als Mittelstürmer, und der Japaner Takuma Asano brachte frischen Wind in die Offensivaktionen.
Nur Tobias Werner fiel etwas ab. Was sich aber nicht weiter auswirkte, weil er unmittelbar nach der Pause gut durch Kevin Großkreutz ersetzt wurde. Somit deutet sich nicht nur für den Interimstrainer Olaf Janßen die Möglichkeit an, aus einem Kader zu schöpfen, in dem – gemessen an Zweitligaverhältnissen – genug Potenzial steckt, um oben mitzuspielen.
Denn der VfB kommt langsam in den Genuss, die Elemente in das Stuttgarter Spiel einbringen zu können, die es braucht,
um das große Ziel Wiederaufstieg am Ende der Saison zu erreichen.
Gegen den FCK war es zum Beispiel die Schnelligkeit eines Asano, die auch Terodde mehr Räume verschafft hat. Ebenso die Zuverlässigkeit eines Hosogai, die der Mannschaft Sicherheit verliehen hat. Plus der Blick des Trainertrios für eine taktische Umstellung. Begonnen wurde in einem 4-4-2-System mit den beiden Stürmern Terodde und Asano. Nach der Pause griff dann „Plan B“, wie Janßen sagt. Nur noch eine Spitze, dafür Asano auf der linken Seite, um das Flügelspiel gegen den anfälligen Ex-Stuttgarter Phlipp Mwene zu forcieren und Alexandru Maxim in der Mitte, um das Offensivspiel zu strukturieren.
Die Mannschaft ist eine Einheit
Eine Mannschaft besteht aus elf Spielern, aber für Jan Schindelmeiser gehört viel mehr dazu: die Physiotherapeuten, die Ärzte, die Presseabteilung – alles zusammen mache die Atmosphäre und die Unternehmenskultur in einem Verein aus, sagt der Sportvorstand. Im Idealfall entsteht daraus dann ein Wir-Gefühl, das sich auf dem Platz widerspiegelt. Wenigstens ansatzweise war dieser Kollektivgedanke am Samstag zu spüren. Oder um mit Schindelmeiser zu sprechen: „Man konnte erkennen, dass sich die Spieler gegenseitig helfen wollten.“
Dabei haben sie keine einfachen Zeiten hinter sich, weil der Abgang von Luhukay alle im Team ziemlich unvorbereitet getroffen hat. Das sei keine alltägliche Situation gewesen, meint der Interimstrainer Olaf Janßen, „aber für mich war das weniger ein Problem als für die Jungs.“ Schindelmeiser will zwar nicht behaupten, dass die Partie in Kaiserslautern ein Charaktertest gewesen ist, „aber der Auftritt hat bestätigt, dass wir eine gute Mannschaft mit guten Eigenschaften haben“, sagt er.
Das macht Schindelmeiser auch daran fest, „wie die Spieler die Neuzugänge aufgenommen haben“ – speziell Asano, Pavard und Mané. Da könne man ja den Eindruck gewinnen, „dass sie nicht erst seit ein paar Tagen bei uns sind, sondern schon seit Wochen.“ Trotz der internen Turbulenzen zuletzt habe er deshalb nie daran gezweifelt, „dass sich die Spieler auf ihre Aufgabe konzentrieren“, sagt Schindelmeiser, „grundsätzlich bin ich schon länger davon überzeugt, dass hier etwas zusammenwächst.“
Quelle: Stuttgarter Nachrichten