Ultras
Stellungnahme zur außerordentlichen MitgliederversammlungWir stehen unmittelbar vor dem Ziel, nur ein höchst unwahrscheinliches Szenario trennt den VfB Stuttgart vom direkten Wiederaufstieg. Da es unser Anliegen war, die entscheidenden Spiele mit einer lautstarken und geschlossenen Kurve angehen zu können, haben wir bis heute darauf verzichtet, zur anstehenden Mitgliederversammlung Position zu beziehen. Eine Polarisierung der VfB-Fans in der heißen Phase des Aufstiegskampfs wollten wir unter allen Umständen verhindern. Weil das Ziel des Aufstiegs nun erreicht ist, möchten wir euch unsere Gedanken nicht länger vorenthalten. Trotzdem hoffen wir weiterhin auf ein vernünftiges Miteinander. Es mag gute und schlechte Argumente geben, gute und schlechte Fans/Mitglieder aber sicherlich nicht. Sich gegenseitig in Schubladen wie „Fortschrittsverweigerer“ oder „Stimmvieh“ zu stecken, ist einfach unangebracht.
„Die VfB-AG reduziert die Teilhabe der e.V.-Mitglieder“
Es dürfte kein Geheimnis sein, dass wir gewisse Werte vertreten. Es ist unsere Überzeugung, dass der VfB allen Mitgliedern gehören sollte – und zwar inklusive der Fußballabteilung. Die Mitglieder/Fans haben den VfB trotz sportlicher Rückschläge durch die zweite Liga getragen und eine beeindruckende Kulisse geschaffen. Sei es das erste Heimspiel gegen St. Pauli, die beiden Derbys, die Partien gegen Dresden und Berlin und natürlich der Last-Minute-Sieg in Nürnberg. Die Identifikation mit dem VfB ist gigantisch, dieser Verein mobilisiert die Massen. Vielleicht spielt auch die Tatsache, dass der VfB noch ein Verein ist, hier eine Rolle? Schließlich können Mitbestimmung und Wahlrecht für emotionale Verbundenheit und Verantwortung sorgen. Die VfB-Funktionäre haben traditionell so ihre Probleme mit der Mitbestimmung, was sich auch in der aktuellen Debatte um die Ausgliederung zeigt. Statt die Mitglieder mit Pro- und Contra-Argumenten sachlich zu informieren, setzt man lieber auf einseitige Meinungsmache, billige Wahlkampfslogans und materielle Anreize zur Teilnahme an der Mitgliederversammlung. Dieses Bild vermittelt nach jahrelangen Änderungen auch die e.V.-Satzung. Demokratische Elemente sind bis zur Unkenntlichkeit verkümmert, deshalb kann sich der VfB-Präsident Wolfgang Dietrich auch rühmen, die Mitgliederrechte stärken zu wollen. Mit Blick auf den e.V. kann man darüber trefflich streiten. Leider sind im Falle der Ausgliederung die VfB-AG und der VfB Stuttgart 1893 e.V. zwei verschiedene Gesellschaften. Um die komplette Trennung von e.V. und AG herbeizuführen, war im Antrag des Vorstands auf Satzungsänderungen bei der Mitgliederversammlung am 9. Oktober 2016 der folgende Passus enthalten:
[…] der Vorstand unterliegt keinen Weisungen anderer Vereinsorgane in Bezug auf seine Beteiligungsgesellschaften […] [1]
Die Satzungsänderungen wurden zum Glück von den VfB-Mitgliedern abgelehnt, zeigen aber deutlich die Intention des Vorstands. Allerdings hätten die Mitglieder auch ohne diesen Passus so gut wie keine Einflussmöglichkeiten auf eine künftige VfB-AG. Es ist zwar richtig, dass der e.V.-Präsident den Verein mit voraussichtlich 75,1% der Stimmanteile in der Hauptversammlung der AG repräsentiert, allerdings befasst sich die Hauptversammlung nur mit grundsätzlichen Entscheidungen. Sie findet üblicherweise auch nur einmalig im Geschäftsjahr statt [2]. Zu diesen Entscheidungen zählen unter anderem Satzungsänderungen in der AG, Kapitalerhöhungen und die Auflösung der Gesellschaft (AG). Die Musik spielt wie immer im Aufsichtsrat. Laut Präsident sind hier neun Personen vorgesehen: zwei entsendet das e.V.-Präsidium des VfB, einer ist für den Hauptsponsor reserviert (Mercedes-Benz Bank), ein Sitz geht an den Investor Daimler AG [3]. Weitere Sitze für Investoren sind nicht ausgeschlossen. Die restlichen Sitze werden aus der Hauptversammlung bestätigt. Im Aufsichtsrat zählen keine Stimmanteile, sondern jedes Mitglied hat eine Stimme. Bei einer theoretischen Stimmgleichheit würde wie üblich die Stimme des Aufsichtsratsvorsitzenden doppelt zählen. Der e.V. ist also hier weit von einer Mehrheit entfernt und ohne die Doppelstimme des Vorsitzenden gleichauf mit Daimler. Sollte ein weiterer Investor hinzukommen, wäre der VfB-e.V. eventuell sogar in der Minderheit gegenüber Investoren und Hauptsponsor. Der AG-Aufsichtsrat bestimmt den AG-Vorstand, der fürs Tagesgeschäft zuständig ist. Die VfB-Mitglieder haben also keine Möglichkeit, den Vorstand der VfB-AG zu entlasten. Selbiges gilt auch für den Aufsichtsrat der VfB-AG. Aus unserer Sicht verringern sich damit die Mitbestimmungsmöglichkeiten der VfB-Mitglieder in Bezug auf den Profifußball deutlich. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen auch diverse Fachanwälte und Steuerberater, die für Mainz 05 verschiedene Rechtsformen sowie Chancen und Risiken einer Ausgliederung beleuchtet haben. Dort heißt es:
„Jede Ausgliederung führt zu einer Verringerung der Einflussmöglichkeiten des Vereins, seiner Organe und Mitglieder auf den Profisport.“ [4]
Wer sich die Lektüre des Gutachtens ersparen möchte, kann auch auf eine Präsentation zurückgreifen, die bei einem Infoabend der Fan- und Förderabteilung von Rot-Weiss Essen gehalten wurde. Dort wird der reduzierte Mitgliedereinfluss ebenfalls thematisiert. [5] Zum rechtlichen Konstrukt e.V. plus AG empfehlen wir zudem den Faktencheck des VfB-Blog: dervfbblog.wordpress.com . Hier wird auch nochmal dargelegt, dass im Falle einer Ausgliederung die e.V.-Mitglieder bei der VfB-AG nur noch sehr wenig Mitspracherecht haben. [6]
„Wir stellen in Frage, ob es um das Wohl des VfB geht“
Jeder Kritiker der Ausgliederung dürfte im Laufe der letzten Jahre Belehrungen darüber gehört haben, dass die Zeit für Bolzplatzromantik und Vereinsmeierei abgelaufen sei. Dass Fußball eben ein knallhartes Business ist – und wer hier nicht mit der Zeit geht, verliert den Anschluss an die Konkurrenz. Doch ist dem wirklich so? Und wird bei der Entscheidung über die richtige Unternehmensform auch zum Wohle des VfB Stuttgart gearbeitet? Oder geht es vorrangig um die Interessen der Investoren?
Die Ausgangslage ist bekannt: Nach dem Wiederaufstieg sucht die Vereinsführung nach einer Möglichkeit, eine Anschubfinanzierung zu bekommen, um sich mittelfristig wieder im oberen Drittel der Bundesliga etablieren zu können. Dabei hat man die Wahl zwischen verschiedenen Optionen. Naheliegend sind Ausgliederungen in unterschiedlichen Rechtsformen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit der Suche nach einem Mäzen sowie einer temporären Verpachtung diverser Vermarktungsrechte. Einen Mäzen als Sponsor zu installieren, ist außerordentlich schwierig, da für jedes Sponsoring eine Gegenleistung erfolgen muss. Finanzvorstand Stefan Heim hat bereits mehrfach betont, dass der Gang zur Bank trotz Niedrigzinsen leider ausgeschlossen sei und man das Eigenkapital aus einer Ausgliederung bräuchte, um in Zukunft bessere Konditionen für Fremdkapital von Banken zu erhalten. [7] Marketingvorstand Jochen Röttgermann hat ebenfalls versichert, dass alle Möglichkeiten des Sponsorings ausgereizt wären.
Eine temporäre Verpachtung der Vermarktungsrechte wäre ohne Zustimmung der Vereinsmitglieder möglich. Nach Ablauf des Vertrags lägen alle Rechte wieder beim Verein. Die Rechtsform bliebe von dieser Maßnahme unberührt. Der Nachteil ist sicherlich, dass eine Abwägung getroffen werden muss, ob man sich selber einträglicher vermarkten könnte. Zusätzlich besteht das Risiko, dass der Vermarkter Sponsoren akquiriert, die nicht mit dem eigenen Markenbild kompatibel sind. Vom VfB war bei mehreren Gelegenheiten nur zu hören, dass man die eigenen Rechte nicht aus der Hand geben möchte. Mainz 05 hat vor knapp zwei Jahren einen derartigen Vertrag abgeschlossen. [8]
Im deutschen Fußball haben aktuell 31 Vereine ihre Profiabteilung ausgegliedert, allerdings haben nur 15 Vereine Anteile an ihren Tochtergesellschaften verkauft. Bei den Rechtsformen findet man 16 GmbHs, wovon 8 Anteile verkauft haben. Bei den 11 GmbH & Co. KGaAs haben 5 Anteile verkauft und bei den 4 AGs haben sich 3 für einen Anteilsverkauf entschieden. Hier stellt sich die Frage, warum es denn ausgerechnet eine AG sein soll? Also diejenige Rechtsform, die die allerwenigsten Bundesligisten gewählt haben.
Die Rechtsform der GmbH wird im deutschen Fußball vor allem verwendet, um einen zentralen Partner einzubinden. Beispiele sind Hoffenheim, Ingolstadt, Leverkusen und Wolfsburg. Der Gesellschaftervertrag kann hierbei weitestgehend frei zwischen den Partnern verhandelt werden, was die Komplexität bei mehreren Partnern enorm erhöht. [9] Da der VfB-Vorstand als Ziel formuliert hat, mehrere strategische Partner einzubinden, ist die Entscheidung gegen eine GmbH mit Anteilsverkauf nachvollziehbar.
Interessanter wird die Abwägung zwischen GmbH & Co. KGaA und einer AG. Bei einer GmbH & Co. KGaA gründet der Verein zunächst eine GmbH als Tochtergesellschaft. Diese GmbH tritt als Komplementär auf, Investoren können als Kommanditisten eingebunden werden, die Beteiligung erfolgt in Form von Aktien. Diese können an der Börse gehandelt werden, notwendig ist dies aber nicht. Die Initiative „Mein Club, mein Verein“ hat drei GmbH & Co. KGaAs exemplarisch beleuchtet. Der wesentliche Unterschied zur AG ist der geringere Einfluss der Investoren. Man sieht beispielsweise im Organigramm von Borussia Dortmund, wie die Personalkompetenz in Bezug auf die Geschäftsführung auf den Verein zugeschnitten ist [10]. Bei der AG hingegen bestimmen die Investoren maßgeblich über die Geschicke.
Im bereits zitierten Gutachten zu Mainz 05 wird folgende Würdigung der Rechtsformen vorgenommen:
„Wer die Option der Kapitalbeteiligung von Aktionären oder gar einen Börsengang anstrebt, wird sich – je nach dem Interesse an der unmittelbaren Einflussnahme des Vereins – für eine AG oder KGaA entscheiden. [11]“
Ähnlich äußern sich auch die Experten in der oben erwähnten Präsentation:
„Rechtsformwahl ist „Maßanzug“, kein zwingender Vorrang einer bestimmten Rechtsform. Gestaltung kann auf die individuellen Interessen (Investoren? Börsengang? Starker Vorstand? Eigentum des Vereins?) zugeschnitten werden“ [12]
Der Vorstand des VfL Bochum hat sich aus diesen Gründen für eine Ausgliederung in Form einer GmbH & Co. KGaA entschieden und argumentiert mit der dadurch möglichen Trennung von Stimmrecht und Kapitalanteil. [13]
Bei dieser Faktenlage stellt sich die Frage, warum die GmbH & Co. KGaA – auf den Regionalversammlungen oft als „Dortmunder Modell“ bezeichnet – nicht zur Wahl steht? Die Aussage von Finanzvorstand Stefan Heim hierzu war, dass Dortmund seine Aktien an der Börse handeln würde und dann ja auch Bayern- oder KSC-Fans VfB-Aktien kaufen könnten. Wie bereits erwähnt, ist dies bei einer GmbH & Co. KGaA aber keinesfalls notwendig.
Zudem kam auch im Rahmen der Regionalversammlungen immer wieder die Frage auf, warum kein genossenschaftlicher Ansatz verfolgt wird, wie man ihn etwa von den Volksbanken kennt [14]. Oder warum man keinen Mitgliederbesitz anstrebt, wie ihn etwa die Green Bay Packers in der NFL praktizieren. [15] Sicherlich sind die beiden letztgenannten Alternativen eher exotisch, aber warum soll es der Anspruch des VfB Stuttgart sein, einfach etwas zu kopieren? „Thinking out of the box“ gehört doch zu den unternehmerischen Grundtugenden. Nachhaltige Wettbewerbsvorteile erlangt man durch eigene Innovation, nicht durch simples Abkupfern.
Eine schlüssige Argumentation, warum man die Ausgliederung in Form einer AG bestreiten will, bleibt der Vorstand bis heute schuldig. Warum ist eine GmbH & Co. KGaA, für die sich Borussia Dortmund, Hertha BSC, Werder Bremen, der 1. FC Köln, der FC Augsburg und viele andere Vereine entschieden haben, keine Alternative? Weshalb präsentiert man nicht die Vor- und Nachteile eines jeden Modells und lässt die Mitglieder dann auf Basis von Fakten entscheiden? Was steckt hinter dieser selbst auferlegten Alternativlosigkeit? Warum bemüht man argumentativ nur die Formel Ausgliederung = Geld? Richtig ist doch, dass eine Ausgliederung in viele verschiedene Rechtsformen denkbar ist und einen Anteilsverkauf nach sich ziehen kann, der dann eben Geld einbringt. Natürlich kann jedes Mitglied an dieser Stelle seine eigenen Schlüsse ziehen, ob die Ausgliederung nur aus finanziellen Motiven erfolgen soll oder noch andere Ziele verfolgt werden.
„Wir glauben nicht an das Allheilmittel VfB-AG“
Seitens des VfB-Vorstands wird die Zuspitzung bemüht, nur ein „Ja“ zur VfB-AG sei ein „Ja“ zum Erfolg. Selbstverständlich begrüßen wir jede Überlegung, die dem sportlichen Erfolg des VfB Stuttgart dienen soll. Wir können auch jedes Mitglied verstehen, das sich durch den Anteilsverkauf einen sportlichen Aufschwung erhofft. Die Frage nach der Überzeugungskraft der Argumente muss aber erlaubt sein. Oft bemühtes Beispiel für die Investition des warmen Regens ist die Infrastruktur der Jugend. Bei manchen Aussagen unserer Vorstände meint man, im Nachwuchsleistungszentrum bröckelt der Putz von der Decke. Dabei wurde der 10 Mio. Euro teure Neubau erst 2014 eröffnet. [16] Auf Nachfrage erklärten die Verantwortlichen im Fanausschuss, dass die Platzanlagen auf dem Trainingsgelände saniert werden müssten. Die Plätze sind zwar im Besitz der Stadt Stuttgart, allerdings besteht wohl eine Art Erbpacht, wodurch auch dem VfB Kosten entstehen würden. Weitere infrastrukturelle Maßnahmen wurden nicht genannt, ebenfalls wird auf eine Ablösung der Beteiligungs-GmbH verzichtet. Statt also Altlasten wie die Beteiligungs-GmbH zu beseitigen, um den Haushalt nachhaltig zu entlasten, wird umfangreich in „Beine“ investiert. Im einschlägig bekannten Video wird dem Zuschauer erklärt, dass „Investitionen in den Kader“ nicht die Verpflichtung eines einzelnen Stars bedeuten, sondern der Star die Mannschaft sei. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass jede Investition in einen Spieler vielleicht treffender als Spekulation bezeichnet werden müsste. In diesem Zusammenhang muss man auch die vielzitierte Champions-League-Falle erwähnen, als damals in Erwartung gleichbleibenden sportlichen Erfolgs massiv in den Kader investiert wurde. Da sich dieser Erfolg nicht einstellte, mussten die Löcher, die die hochdotierten Verträge gerissen hatten, jahrelang über Transfererlöse gestopft werden. Steckt man die einmaligen Gelder aus der Ausgliederung in den Kader, befindet man sich bereits wieder in der Grundkonstellation dieses Problems und ist zum Erfolg verdammt. Denn nur über sportlichen Erfolg lassen sich die zusätzlich zu den 41,5 Mio. Euro kursierenden Unsummen generieren. Aus unserer Sicht ein extrem riskantes Unterfangen.
Umso irritierender ist es, dass sich der Vorstand einer öffentlichen Darlegung von Chancen und Risiken verschließt. Analog zur Wahl der Rechtsform wird die eigene Position als alternativlos angepriesen. Nachteile existieren nicht, Gefahren gäbe es keine. Natürlich erhöht dieses Gebaren auch den Druck auf die Mannschaft und den Trainer. Eine Mannschaft, deren Schlüsselspieler entweder in der Vorsaison mit dem VfB abgestiegen sind oder noch keine Erfahrung im Bundesliga-Oberhaus haben. Wie der Trainer eben auch. Vor diesem Hintergrund Erwartungshaltungen von Platz zwei bis fünf in der Bundesliga zu befeuern, ist äußerst fragwürdig.
Fazit
Wir sehen es als erwiesen an, dass jede Form der Ausgliederung dazu dient, die Möglichkeiten der Einflussnahme durch die VfB-Mitglieder zu reduzieren. Mit Blick auf die angestrebte Rechtsform ist dies sowohl vom Vorstand des VfB Stuttgart als auch von der Daimler AG beabsichtigt. Die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat wird quasi erkauft und von Wahlen und Entlastungen unabhängig gemacht. Dass sich Präsident Wolfgang Dietrich nur mandatiert fühlt, mit Daimler zu verhandeln, passt in dieses Bild. [17] Dass von Seiten der Daimler AG finanzielle Interessen verfolgt werden, ist im Hinblick auf das investierte Geld in Relation zum Gesamtumsatz eher unwahrscheinlich. Es geht wohl vielmehr um das Abstecken des eigenen Einflussbereiches. Ob das dem VfB Stuttgart dient, muss jedes Mitglied selbst beantworten. Hierzu muss man nur mal einen Blick auf den VfB-Aufsichtsrat seit der Meisterschaft 2007 oder den lange zurückliegenden Verkauf der Namensrechte am Neckarstadion werfen. Die durch eine Ausgliederung mit anschließendem Anteilsverkauf generierbaren Mittel dienen dazu, die VfB-AG schmackhaft zu machen. Ob es andere Möglichkeiten geben kann diese Mittel zu vereinnahmen, geht völlig unter. Bildlich gesprochen wird hier so getan, als wären alle Finger Daumen, nur weil ein Daumen eben ein Finger ist. Die VfB-AG ist keineswegs der logische Schluss aus der Entwicklung, dass es immer weniger eingetragene Vereine im deutschen Profifußball gibt. Die VfB-AG ist seit Jahren der Wunsch von Vorstand und Aufsichtsrat, da sie auf Investoreninteressen zugeschnitten ist. Eine Debatte, ob es eine Rechtsform gibt, die einen Ausgleich zwischen verschiedenen Interessen herstellt und die Systematiken einer Ausgliederung nutzbar macht, hat es beim VfB nie gegeben. Stattdessen wird seit Jahren versucht, den eigenen Willen durchzusetzen, nur um dann bei einem drohenden Misserfolg einen Rückzieher zu machen. Unter Präsident Bernd Wahler sollte sich die VfB-AG als eierlegende Wollmilchsau aus den zahlreichen Dialog-Veranstaltungen herauskristallisieren. Unter Präsident Wolfgang Dietrich heißt es jetzt eben, nur ein „Ja“ zur VfB-AG sei ein „Ja“ zum Erfolg. Besonders unglaubwürdig wird es dann, wenn mal wieder mit mahnendem Zeigefinger versichert wird, dass „die Debatte“ um „die Ausgliederung“ den Verein seit Jahren lähmen würde.
Aus unserer Sicht wird der aktuelle Wahlkampf mit seinen Verkürzungen, der Alternativlosigkeit und den Emotionen der Wichtigkeit des Themas schlichtweg nicht gerecht. Jedes Mitglied sollte durch umfassende Informationen über echte Alternativen in die Lage versetzt werden, konstruktiv Verantwortung zu übernehmen. Aufgrund der Einmaligkeit der anstehenden Entscheidung und den bisherigen Einlassungen des Vorstands erlauben wir uns, mit der Verballhornung eines Schiller-Zitats abzuschließen:
„Drum prüfe wer sich ewig bindet, ob sich nicht Bess‘res findet“.
Commando Cannstatt 1997
Quelle: CC97.de