Bundesliga

Ein Psychologe für die VfB-Spieler



Der VfB arbeitet an der Grundlage für die kommende Saison – unter nicht ganz einfachen Rahmenbedingungen, aber unter Berücksichtigung aller Möglichkeiten. Ein Beispiel: Die Zusammenarbeit mit einem Psychologen.


Herr Labbadia, die erste Phase der Vorbereitung ist zu Ende. Läuft bisher alles nach Plan?
Ja, wir liegen voll im Plan und haben bereits sehr viel investiert. Aber das ist auch nötig, weil sehr viel auf uns zukommt.

Dennoch haben Sie den Spielern nun fünf Tage freigegeben.
Das ist nicht ganz richtig. Wir nennen es selbstständiges Arbeiten. An vier Tagen müssen die Spieler je eine Stunde trainieren. Für uns war es aber wichtig, dass sie das in einem anderen Umfeld tun können. Die Mannschaft war von Anfang an in diesen Plan eingebunden – und ich glaube, die Aussicht auf diese fünf Übergangstage hat sie noch mehr motiviert. Wir haben Vertrauen in unsere Jungs, das haben sie noch nie enttäuscht.

Hat Sie stattdessen enttäuscht, dass Cacau seinen Abschied vom VfB vorantreibt?
Nein, denn wir haben sehr klar miteinander gesprochen. Cacau wollte wissen, woran er ist, und ich habe im einerseits gesagt, dass wir ihn gerne halten möchten, andererseits aber auch erklärt, wie die Situation ist.

Und wie ist sie?
Die Lieblingsposition von Cacau als zweite hängende Spitze gibt es in unserem derzeitigen System nicht immer. Dafür müssten wir auf den Außenpositionen mit Mittelfeldspielern agieren, und nicht mit Stürmern. Aber ein Martin Harnik hat nicht umsonst 17 Tore gemacht.

Cacau sieht sich hinter der einzigen Spitze, auf der Position von Tamas Hajnal.
Aber Tamas macht das sehr gut. Wir brauchen auf dieser Position eher einen Passgeber, der die – bei Ballbesitz – drei Stürmer einsetzt.

Also könnten Sie auf Cacau verzichten?
Nein. Ich habe ihm gesagt, wie wichtig er für uns sein kann. Und ich habe immer wieder betont, dass wir solch eine Qualität nicht einfach wieder kaufen können. Ich hoffe also, und gehe davon aus, dass er bleibt. Allerdings: Er muss das auch wollen. Ein missmutiger Cacau bringt uns nicht weiter.

Wenn man sich die Transferbewegungen anschaut, gilt auch: Einen weiteren Qualitätsverlust kann sich der VfB nicht leisten.
Wie gesagt: Ich behalte meine Spieler lieber, denn sie kennen unsere Spielweise, und wir sind bereits einen intensiven Weg gemeinsam gegangen. Und natürlich besteht eine gewisse Gefahr darin, die anstehende Dreifachbelastung mit einem kleineren Kader anzugehen. Das wird ein enges Ding.

Das klingt nicht gut.
Moment. Mein Glaube an diese Mannschaft ist sehr, sehr groß, denn ich weiß, wie hart sie arbeitet. Daher bin ich, was die neue Saison beginnt, auch sehr zuversichtlich.

Auf ein Saisonziel wollen Sie sich dennoch nicht festlegen.
Glauben Sie mir: Wir haben klare Ziele. Aber wir dürfen auch nicht einfach davon ausgehen, dass alles so weiter geht wie in den vergangenen eineinhalb Jahren. Als wir hier ankamen hatten wir ein halb fertiges Stadion, standen in der Winterpause 2010/2011 mit zwölf Punkten da und der Etat musste auch noch gesenkt werden. Wir haben diese Situation gemeistert ohne dass ein Schaden entstanden ist. Im Gegenteil: Wir haben die Qualifikation für die Europa-Liga erreicht, die Leute auch fußballerisch begeistert, manchmal sogar ein Spektakel geboten und wieder Spieler, mit denen sich die Fans identifizieren. Das alles kommt mir in der öffentlichen Diskussion ein wenig zu kurz.

Was wohl am hohen Anspruchsdenken in Stuttgart liegt.
Ich kenne dieses Anspruchsdenken. Und wissen Sie was? Ich liebe es, für solche Clubs zu arbeiten. Aber wie gesagt: Die Situation ist nicht einfach gewesen, deshalb kann ich jetzt auch nicht auf die Tube drücken und sagen: Wir greifen an. Aber ich finde: Die Mannschaft hat sich Kredit verdient.

Wie sehr stört Sie der enge finanzielle ­Rahmen?
Natürlich würde ich lieber Spieler holen und die Qualität noch weiter steigern. Aber wir können mit Stolz und Zufriedenheit sagen, dass wir korrekt mit den Dingen umgehen. Die Schwaben standen für mich immer für eine unglaubliche Verlässlichkeit, Korrektheit und großen Fleiß. Genau das setzen wir beim VfB um, und ich finde, wir müssen uns nicht dafür entschuldigen. Der Nachteil ist nur, dass die anderen richtig zulangen.

Wie bleibt man da konkurrenzfähig?
Klar ist: Durch die finanziellen Vorgaben dürfen wir nicht den sportlichen Anschluss verlieren. Daher müssen wir weiter schauen, wo wir uns weiterentwickeln können. Es geht darum, dass wir das Gefühl haben, dass wir immer das Beste rausholen. Der Kraftraum für die Profis war so ein Thema, Life Kinetik auch, und seit längerer Zeit arbeiten wir auch mit einem Psychologen zusammen.

Wie sieht diese Zusammenarbeit aus?
Wir finden es gut, wenn es einen externen Ansprechpartner für die Spieler gibt, der ab und zu bei uns ist. Kein Spieler ist zu etwas verpflichtet, aber jeder hat die Möglichkeit, sich da auszutauschen. Das haben die Spieler bislang auch gut angenommen.

Auch in diesem Fall haben Sie die Spieler also überzeugt.
Wichtig ist, dass die Mannschaft gesehen hat, dass ihr Fleiß belohnt wird. Denn ans Limit kommt man nur, wenn man von etwas überzeugt ist.

Aber irgendwann hat jeder sein Limit erreicht.
Klar, deshalb müssen wir Trainer genau beobachten, und ständig hinterfragen und immer wieder kluge Entscheidungen treffen.

Der Verein hat sich für Ralf Becker in der wichtigen Position des Leiters Junioren und Scouting entschieden. Eine gute Wahl?
Was ich Moment sagen kann, ist, dass Ralf einen sehr engagierten und motivierten Eindruck macht. Man merkt: Er hat sich viele Gedanken gemacht.

Vergangene Woche gab es eine Sitzung mit Becker, einigen Jugendtrainern, Jugend­koordinatoren und dem U-23-Trainerteam. ­­ Sie waren auch dabei. Wie groß ist Ihre Lust, beim VfB die Zukunft mitzugestalten?
Ich mache das aus Überzeugung, da geht es auch um meinen eigenen Anspruch als Trainer. Außerdem finde ich es sehr positiv, dass man beim VfB die Art und Weise, wie wir bei den Profis spielen, überall im Verein sehen will. Wir sind bereit, Input zu geben.

Auch wenn man als Trainer nie weiß, wie lange man bei einem Verein tätig ist.
Klar, ich kann Kollegen verstehen, die sagen: Was will ich mir die U 23 anschauen oder die A-Jugend – am Ende zählen doch eh nur die Ergebnisse in der Bundesliga. Aber wie gesagt: Ich habe da andere Vorstellungen. Ich arbeite gern an den Strukturen. Allerdings kann es auch mehrere Jahre dauern, bis so ein Plan aufgeht.

Dann wäre es an der Zeit, an eine Vertragsverlängerung über 2013 hinaus zu denken.
Das ist im Moment kein Thema. Es gibt wichtigere Themen, da steht die Mannschaft im Vordergrund.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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