Bundesliga

Trügerische Zufriedenheit beim VfB

Beim 1:3 gegen Bayern München hat sich der VfB Stuttgart teuer verkauft. Dennoch steht er wieder mit leeren Händen da. Das Saisonfinale gegen den Abstieg wird ein enges Rennen – mit zwei eminent wichtigen Partien.


Schwerer Stand gegen Franck Ribéry: VfB-Verteidiger Florian Klein (li.).

Florian Klein suchte die Balance. Das ist nicht einfach gegen Franck Ribéry, der einen Haken nach dem anderen schlägt und auch sonst mit allen Wassern gewaschen ist. Klein, der VfB-Verteidiger, war nicht von allen guten Geistern verlassen und deshalb auch kein Totalausfall, dennoch ließ er sich ein ums andere Mal von seinem Münchner Kontrahenten verladen. Oder Toni Sunjic. Beim Gegentor zum 0:2 ging alles ein bisserl schnell für den Innenverteidiger des VfB. Sunjic versperrte durch seine körperliche Präsenz den Weg zum Tor, David Alaba fand dennoch eine Lücke – durch die Beine des Bosniers, der nur passiv zuschaute und ebenfalls reichlich derangiert aussah. Oder Georg Niedermeier, der die scharfe Flanke von Ribéry ins Aus grätschen und damit entschärfen wollte – und dabei Torhüter Przemyslaw Tyton traf, von dem der Ball ins Tor abprallte.

Dumm gelaufen. Aber kein Grund für Vorwürfe nach diesem Südderby, das beide längst nicht mehr auf Augenhöhe spielenden Mannschaften in seltener Eintracht beendeten. Im Grunde waren alle zufrieden. Die Bayern mit ihrem keineswegs strahlenden Sieg, und der VfB fand darin Genugtuung, dem an diesem Tag alles andere als übermächtigen Rekordmeister bis kurz vor Schluss die Stirn geboten zu haben.

Aber Vorsicht, der Blick auf die Tabelle entlarvt die Zufriedenheit als eine trügerische Größe. Nur noch fünf Punkte trennen den VfB vom Relegationsplatz, das Restprogramm ist nicht ohne, und der Trend mit nur einem Sieg aus den letzten acht Spielen spricht gegen die Mannschaft. „Wir müssen aus dem Spiel gegen die Bayern das mitnehmen, was gut war“, sagte Trainer Jürgen Kramny. Und sich nicht nur darauf verlassen, „dass wir den Klassenverbleib in der eigenen Hand haben“ (Daniel Didavi).

Die Personalnot: Serey Dié und Kevin Großkreutz fehlen ohnehin schon, am Samstagmorgen hatten sich auch noch Kapitän Christian Gentner sowie Martin Harnik und Alexandru Maxim mit Grippe abgemeldet. So hatte der VfB nur noch Joker wie Philip Heise, Federico Barba oder Boris Tashchy auf der Ersatzbank sitzen, der FC Bayern aber Weltmeister wie Philipp Lahm und Thomas Müller. Zudem musste ein Kreativmann wie Daniel Didavi erstmals in seiner Profikarriere auf der defensiven Sechser-Position ran, was er prima löste. Im Spiel beim FC Augsburg am Samstag ist mit Gentner, Harnik und Maxim wieder zu rechnen.

Die Taktik: Der VfB nahm den Münchnern mit einer Fünfer-Abwehrkette, die je nach Situation zu einer Sechser- bis Neunerkette anwuchs, den Wind aus den Segeln. Lukas Rupp und Didavi sperrten als Doppel-Sechs die Mitte zu. Der FC Bayern verhedderte sich eins ums andere Mal und ging dennoch in Führung. Steter Tropfen höhlt den Stein: Der VfB wehrte sich nach Kräften, letztendlich reicht die Qualität aber nicht aus, um dem Team von der Isar gefährlich zu werden. Das zeigte sich auch in der Drangphase nach dem 1:2. Da schnupperte der VfB nur an einem Punktgewinn, allerdings waren die Offensivbemühungen insgesamt zu zaghaft. „Um etwas mitzunehmen, hätte alles passen müssen“, sagte Jürgen Kramny wohl wissend, dass der VfB diesen Anspruch nicht einlösen kann.

Die Lehren: „Niederlagen fühlen sich immer beschissen an“, sagte Daniel Didavi, „aber über weite Strecken haben wir es gut gemacht.“ Früher flogen beim Südderby die Emotionen hoch, diesmal trjavascript:void(null)af dies nur auf Arturo Vidal zu, der die Rivalität beider Vereine aber falsch interpretierte und schon nach gut 20 Minuten vor einem Platzverweis stand. Die VfB-Profis dagegen fügten sich in die scheinbar unvermeidliche Niederlage – Hauptsache, sie waren nicht vorgeführt und zerlegt worden. „Wir haben ganz gut verteidigt und nicht viele Chancen der Bayern zugelassen“, sagte Daniel Schwaab. „Wir haben uns voll reingehauen und sind gut aufgetreten“, sagte Georg Niedermeier. Das stimmt zwar – doch wo waren der letzte Mut, die letzte Leidenschaft, gerade nach dem 1:2?

Die Tabellenlage: Fünf Partien stehen noch an, darunter gegen Bayern-Verfolger Borussia Dortmund, den unbequemen FSV Mainz 05 und bei Real Madrids Bezwinger VfL Wolfsburg. So kommt den Spielen bei den ebenfalls abstiegsbedrohten FC Augsburg am Samstag und Werder Bremen (2. Mai) erhöhte Bedeutung zu. „Gut ist, dass wir nicht auf andere schauen müssen“, sagt Sportvorstand Robin Dutt, „wenn wir unsere Spiele gewinnen, bleiben wir drin.“ Der Trend spricht gegen den VfB, zuletzt hatten sich wieder Flatterhaftigkeit in den Leistungen und Unsicherheit in den Köpfen breitgemacht. „Dass wir uns gegen die Bayern nicht groß befreien können, war ja klar“, wiegelte Kramny ab – unmöglich war es aber auch nicht.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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