Zorniger legt los:

So tickt der neue VfB-Trainer

Bei seiner Präsentation stellt sich der 47 Jahre alte Alexander Zorniger als Mann mit vielen Facetten vor – den Fans des VfB Stuttgart verspricht er begeisternden Hochgeschwindigkeitsfußball.


VfB-Trainer Alexander Zorniger in seiner typischen Beobachtungs-Pose

Sein Führungsstil: Der Teamgedanke steht über allem

Georg Niedermeier kennt er noch aus seiner Zeit als Co-Trainer des VfB (Juli bis Dezember 2009), mit dem einen oder anderen VfB-Profi hatte er vor dem Trainingsauftakt telefoniert, seit Montag stürzt er sich mit der ganzen Truppe in die Arbeit. „Die Spieler werden mich jetzt kennenlernen“, sagt Alexander Zorniger, „aber das ist keine Drohung, sondern eine Hoffnung.“ Die Kunst eines Trainers, Individualisten zu einer Einheit zusammenzuschweißen, hat für ihn Priorität: „Ich erwarte von meinen Spielern ein hohes Maß an Teamfähigkeit. Wir können nur als Team bestehen.“ Verstöße will er unnachgiebig ahnden: „Wer nach einem Tor zur Tribüne abdreht und nicht zum Vorlagengeber, hat ein dickes Problem mit mir.“ Auch abseits des Platzes gelten feste Regeln: Gemeinsame Mahlzeiten fördern das gegenseitige Verständnis und das Zusammengehörigkeitsgefühl, Kopfhörer und Smartphones sind im Bus und in der Kabine tabu. Im Spiel erwartet er von jedem Akteur ein Höchstmaß an Wachsamkeit und geistiger Flexibilität: „In jeder Lebenslage ist es das Wichtigste, sein Maximum zu erreichen. Daran orientiere ich mich.“ Daran misst er auch sein Umfeld.

Seine Taktik: Tempofußball mit zwei Sturmspitzen

Zorniger ist als Trainer geprägt von der Stuttgarter Schule, die einst mit Helmut Groß und Ralf Rangnick begann und auch Joachim Löw, Thomas Tuchel und Jürgen Klopp geprägt hat. Das Grundprinzip heißt Spiel gegen den Ball – Balleroberung mit blitzschnellem Umschalten und rasanten und variablen Attacken nach vorn. „Wir werden eine Menge mit Geschwindigkeit arbeiten“, sagt Zorniger, der seinen Kader dafür prädestiniert sieht: „Vergangene Saison war der VfB die Bundesligamannschaft mit der höchsten Durchschnittsgeschwindigkeit und nach Bayer Leverkusen, dem FC Bayern und Gladbach diejenige, die am höchsten verteidigt hat.“ Daraus erhofft er sich „eine Wildheit auf dem Platz, es wird zur Sache gehen. Und zwar vom ersten Spieltag an, nicht erst in den letzten drei Spielen wie vergangene Saison.“ Zorniger lässt zwei Systeme einstudieren: 4-1-3-2 oder 4-4-2, also jeweils mit einer Doppelspitze und mit einer Spielorientierung durchs Zentrum. Die offensive Ausrichtung bedarf allerdings einer deutlich stabileren Defensive als zuletzt: „Was die Absicherung nach hinten angeht, werden wir noch an der einen oder anderen Stellschraube drehen.“

Sein Auftreten: Schwabenpower mit festen Prinzipien

Mitten im Satz unterbricht sich Alexander Zorniger und sagt: „Ach, isch doch herrlich, dass i wieder Schwäbisch schwätza ka.“ Bei RB Leipzig, seiner letzten Trainerstation, war bei seinem schwäbischen Idiom der eine oder andere Zuhörer auf der Strecke geblieben. Jetzt lebt er seine Schwabenpower aus – und vor: „Ich will die Fans mit unserer Art des Fußballs mitnehmen“, sagt er. Zorniger, daran lässt er von der ersten Minute an keinen Zweifel, ist ein Mann mit Prinzipien, von denen er nur in äußerster Not abzurücken gedenkt. Er ist keiner, der sich verbiegen lässt, wie er zuletzt bei seinem zunehmend von Spannungen geprägten Verhältnis mit Leipzigs Sportdirektor Ralf Rangnick demonstrierte. So kommt er authentisch rüber, etwa wenn er sagt: „Ich freue mich unglaublich auf die Situation. Nicht nur, weil es meine Heimat ist, weil ich schnell bei meiner Mutter bin, sondern weil ich die Chance habe, den nächsten Schritt in meiner Entwicklung als Trainer zu machen.“ Für Zorniger, der aus Mutlangen stammt und mit einer Journalistin liiert ist, sind Widerstände dazu da, überwunden zu werden – wann immer möglich, in seinem Sinne.

Sein Ziel: Bloß nicht wieder gegen den Abstieg!

Ein gewisses Maß an Selbstbewusstsein kann nie schaden – Alexander Zorniger mangelt es daran nun wirklich nicht. „Ich habe bisher noch jeder meiner Mannschaften den Fußball beigebracht, den ich mir vorstelle“, sagt er. Davon geht er nun auch beim VfB aus. Als Voraussetzung für ein konstruktives Arbeiten will er den Kader auf ein vernünftiges Maß reduzieren und „möglichst schnell nicht mehr mit 28, 29 Spielern trainieren“. Man werde „keinen Spieler gegen seinen Willen an den Baum binden“, betont er. Wer glaube, beim VfB nicht glücklich zu werden, solle gehen. Zorniger weiß: Hehre Ziele haben vor ihm schon viele Trainer formuliert – und sind gescheitert. Dass er auch zu jenen gehören könnte, denkt er nicht: „Vor Jürgen Klopp waren auch schon eine ganze Menge Trainer in Dortmund, und er war dann sieben Jahre im Amt. Und was den VfB betrifft: Wenn ich meine Vorstellungen vom Geschwindigkeitsfußball umsetze, hebt mich das schon von manchem Vorgänger ab.“ Wo seine erste Saison enden wird? „Ich bin kein Hellseher“, sagt Zorniger, „es ist mein Anspruch und der Anspruch des Vereins, dass wir nichts mit dem Abstieg zu tun haben.“

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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