Bundesliga

Welche Tricks können jetzt noch helfen?

Wirklich zuversichtlich hatte Huub Stevens ja nicht gewirkt am Samstag nach dem 1:2 des VfB Stuttgart bei 1899 Hoffenheim. Und auf der Suche nach den passenden Strategien fragte der Coach einen Reporter: „Haben Sie vielleicht noch einen Rat für mich?“ Nun ja, Möglichkeiten gibt es einige.


Was hilft im Kampf gegen den Abstieg? Glühende Kohlen vielleicht? Wir haben einige
Anregungen für Huub Stevens und sein Team gesammelt.

In Hannover, wo sie spätestens seit dem 1:2 gegen den SC Paderborn den Kampf gegen den Abstieg als realistische Variante für die kommenden Wochen akzeptieren, setzte Tayfun Korkut am Montag ein Zeichen: Den Abwehrspieler Felipe verbannte der Coach zur zweiten Mannschaft. Und in Hamburg reagierte HSV-Trainer Joe Zinnbauer ähnlich pragmatisch auf die 0:8-Schlappe beim FC Bayern: Er strich den trainingsfreien Dienstag. Beim VfB dagegen, der noch hinter Hannover 96 und dem HSV rangiert, geht nach dem 1:2 bei der TSG 1899 Hoffenheim alles seinen gewohnten Gang. Weil dem Trainer nichts anderes einfällt?

Diesen Eindruck konnte man haben, als Huub Stevens am Samstag die Last-Minute-Niederlage seines Teams analysierte und auf die Frage nach Strategien für die nähere Zukunft lediglich mit einer Gegenfrage antwortete: „Haben Sie vielleicht noch einen Rat für mich?“ Nun muss sich keiner anmaßen, dem erfahrenen Coach seinen Job zu erklären, klar ist aber auch: Denkbare Aktionen gibt es noch genug. Die Frage ist nur: Sind sie auch sinnvoll? „Aktionismus bringt überhaupt nichts“, sagt der ehemalige VfB-Trainer Christoph Daum, der im Umgang mit ungewöhnlichen Maßnahmen ein Meister ist. Und deshalb auch weiß: „Es gibt immer Dinge, die von einem Trainer gefordert sind.“ Ein Überblick:

Die Motivationstricks: Klaus Toppmöller brachte einen Adler in die Kabine der Frankfurter Eintracht, Ralf Rangnick zündete einen Knallfrosch, Udo Lattek zog seinen blauen Pullover 15 Spieltage nicht mehr aus und Christoph Daum bewies gleich mehrfach Einfallsreichtum. Einmal nagelte er Bargeld an die Kabinentür, dann ließ er seine Spieler über glühende Kohlen laufen, ein anderes Mal waren es Glasscherben. Gerade mit letzteren, versichert er, habe er gute Erfahrungen gemacht. „Die Spieler haben gesehen, dass sie etwas schaffen können, woran sie vorher nicht geglaubt hatten.“ Wäre dies also auch eine Möglichkeit, beim VfB den Glauben an den Klassenverbleib zu stärken? Womöglich. „Du musst als Trainer den Mut haben, Dinge zu machen, von denen du nicht weißt, ob sie die richtigen sind“, sagt Daum. Allerdings schränkt er auch ein: „In einer großen Anspannungssituation, wie sie beim VfB derzeit herrscht, muss man sich zehnmal überlegen, was das Richtige ist.“

Die Degradierung: Ist das angestrebte Ziel tatsächlich mit all jenen zu erreichen, die täglich auf dem Trainingsplatz stehen? Diese Frage muss sich ein Trainer immer wieder stellen – und womöglich reagieren. Nicht um des Zeichen willens, einen Spieler rasiert zu haben. „Die Spieler haben ein feines Gespür für solche Maßnahmen“, warnt Daum. Eher aus rationalen Gründen. „Wenn einer nur noch anwesend, aber nicht mehr dabei ist, wenn einer zu den Bremsern und Bedenkenträgern gehört, dann muss ein Trainer eine Entscheidung fällen“, sagt der VfB-Meistercoach von 1992.

Stevens-Vorgänger Armin Veh hatte zu Saisonbeginn Sercan Sararer und Raphael Holzhause degradiert, zuletzt wirkte der eine oder andere VfB-Profi recht apathisch. Auch ein neues Gesicht aus der zweiten Mannschaft oder der Jugend könnte dem Trainingsalltag gut tun. Beim VfB II haben sich zuletzt aber kaum Spieler aufgedrängt, einige junge Spieler trainieren bereits regelmäßig mit den Profis, und der freche Arianit Ferati, der zu Saisonbeginn Veh begeistert hatte, kämpft nach einer Verletzung in der U 19 um Anschluss.

Die Kommunikation: „Motivation ist Kommunikation“, lautet einer der Leitsätze Christoph Daums. Für den klar ist, dass Trainer auch in schwierigen Phasen eine angenehme Atmosphäre schaffen müssen: „Die Spieler müssen ihre Meinung sagen dürfen, ohne Nachteile befürchten zu müssen.“ Die Ehrlichkeit des Coaches ist eine weitere Voraussetzung für ein leistungsförderndes Miteinander, ein intakter Teamgeist ein weiterer. Und auch der Versuch, die Spieler an ihre Stärken zu erinnern, gehöre dazu. Eine Herkulesaufgabe, schließlich scheinen die vielen Negativerlebnisse manch einen VfB-Profi geradezu zu lähmen.

Die Zeichen auf dem Platz: Eine klare taktische Linie ist unabdingbar. Sie stupide und immerzu einzuüben kann aber auch Lockerheit nehmen. „Man muss auch mal azyklisch arbeiten und die Mannschaft im Training einfach mal spielen lassen“, sagt Daum. Dazu kommt die Möglichkeit, über Systeme und Aufstellungen Zeichen zu senden. Beim VfB bedeutet dies, dass Neuzugang Geoffroy Serey Dié wohl schon am Freitag (20.30 Uhr/Sky) gegen Borussia Dortmund in der Startformation stehen wird.

Handlungsmöglichkeiten hat Huub Stevens also noch einige. Allzu lange sollte er mit der Anwendung aber nicht warten. Christoph Daum sagt zwar: „Richtig spannend wird es im Kampf gegen den Abstieg erst ab dem 28. Spieltag.“ Er weiß aber auch: „Bis dahin darf der Rückstand auf die Nichtabstiegsplätze nicht zu groß sein.“ Der VfB benötigt also einen schnellen Impuls. Welcher das sein sollte? Völlig egal. Hauptsache, er verfehlt seine Wirkung nicht.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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