Bundesliga

Echte Typen mit wichtigen Signalen

Der Sieg gegen den SV Werder Bremen war für den VfB Stuttgart gefühlt weit mehr wert als die drei Punkte. Weil es für spektakuläre Erfolge aber keinen Bonus gibt, bleibt die Lage prekär. Was die Hoffnung schürt: Im Kampf gegen den Abstieg braucht es echte Typen – und der VfB hat einige davon.


Ein Kämpfer, der nie aufgibt: VfB-Profi Serey Dié.

Nach diesem nervenaufreibenden und kräftezehrenden 3:2-Erfolg am Sonntagabend gegen Werder Bremen hätte der eine oder andere Profi des VfB Stuttgart sicher gern ein wenig länger ausgeschlafen. Aber sei’s drum: Weil die Lage im Kampf gegen den Abstieg noch lange nicht als entspannt zu bewerten ist, bat Trainer Huub Stevens seine Mannen auch am Montagmorgen um 8.30 Uhr aufs Vereinsgelände. Immerhin: Gute Laune war nach diesem wahnsinnigen Abend garantiert, das Geburtstagsständchen für Daniel Ginczek steigerte die Stimmung zudem – und vor allem schürte der Siegtreffer in Unterzahl und in der Nachspielzeit die Hoffnung für die restlichen sechs Spiele.

Nicht nur der Dramaturgie des Spiels wegen. Das Spiel machte endlich deutlich: Der VfB hat ja doch noch Typen, die im sich ­zuspitzenden Kampf gegen den Abstieg wichtige Signale senden.


Harnik berappelt sich

Martin Harnik: Gut, zunächst schien es, als müsse der Österreicher nach dem Abpfiff statt in die Kabine direkt auf die Couch eines Psychologen. Der Stürmer verballerte zwei grandiose Möglichkeiten. Dass er am Ende noch die Gelb-Rote Karte sah, war auch kein Auswuchs an Cleverness – was zwischen den vergebenen Möglichkeiten und dem Platzverweis passierte, „spricht aber für ihn“, sagte VfB-Sportvorstand Robin Dutt. Harnik riss sich zusammen, wollte „alles dafür tun, um Wiedergutmachung zu leisten“, und bereitete das 2:1 durch Daniel Ginczek einsatzstark und technisch sauber vor. „Auch das ist eine Frage der Qualität“, lobte Dutt seinen Angreifer. In Augsburg fehlt Martin Harnik gesperrt, danach kann er noch ganz wichtig werden.


Rüdiger zeigt Präsenz

Antonio Rüdiger: Timo Baumgartl hat beileibe keine schlechten Spiele gemacht in der jüngeren Vergangenheit. Dass Trainer Huub Stevens dennoch sofort auf den wiedergenesenen Antonio Rüdiger in der Innenverteidigung setzte, war aber kein Zufall. Ein Tick mehr Erfahrung sprach für den Nationalspieler, dazu kommt dessen Erscheinung, Aggressivität und Motivation. „Ich war nicht überrascht“, sagte Rüdiger hinterher über sein Startelf-Comeback, „ich war einfach bereit.“ Robin Dutt lobte: „Toni bringt eine hohe Präsenz auf den Platz.“ Die soll im Endspurt noch den einen oder anderen Angreifer der Konkurrenz einschüchtern – die Gefahr dabei: Rüdiger überzieht schnell und riskiert dabei auch mal einen Platzverweis.


Serey Dié gibt nicht auf

Geoffroy Serey Dié: Die Geschichte des Spiels von Geoffroy Serey Dié klingt ähnlich wie die von Martin Harnik. Der Ivorer lieferte ein starkes Spiel, eroberte viele Bälle, war aggressiv und zweikampfstark – und machte sich das alles mit einer einzigen Aktion kaputt. Sein Fehlpass im Mittelfeld ermöglichte den Bremern den 1:1-Ausgleich. Danach lag der Winter-Neuzugang enttäuscht und scheinbar hilflos auf dem Rasen – um sich dann in eindrucksvoller Manier aufzurappeln. Als der Sieg dem VfB im Grunde schon aus den Händen geglitten war, gab er mit einer individuellen Pressing-Aktion erst ein wichtiges Signal an den Rest der Truppe. Wenig später leitete er mit einer Willensleistung und einem überraschend sauberen Pass das 3:2 durch Daniel Ginczek ein. „Diese Körpersprache zeichnet einen erfahrenen Spieler aus – deswegen haben wir ihn geholt“, sagte Robin Dutt über den Afrika-Cup-Sieger, „bis auf den Fehler hat Serey ein richtig starkes Spiel gemacht.“


Ginczek wird zum Torjäger

Daniel Ginczek: Zum zweiten Mal zwei Treffer in einem Heimspiel, zum zweiten Mal der Matchwinner, kein Wunder, dass nach der Partie alle voll des Lobes waren – nicht nur in Stuttgart. „Für den VfB ist er in der jetzigen Situation ein Geschenk des Himmels“, sagte TV-Experte Ottmar Hitzfeld. „Das ist eine Riesenehre“, sagte der Stürmer, der am Montag 24 Jahre alt wurde, beanspruchte den Ruhm aber nicht für sich allein: „Ohne die zehn anderen geht es nicht.“ Dennoch ist klar: Ein treffsicherer Stürmer ist in der entscheidenden Phase der Saison Gold wert – und gibt dem Team zusätzlich Vertrauen.

„Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es für eine Mannschaft gut ist zu wissen, dass man einen vorne drin hat, der die Buden macht“, sagte Robin Dutt. Dass Ginczek nach der Partie Hitzfeld viel Glück für die EM-Qualifikation wünschte, obwohl der längst nicht mehr Nationalcoach der Schweiz ist – geschenkt. Viel wichtiger für den VfB ist, dass der lange verletzte Stürmer bis Saisonende fit bleibt. Doch auch diesbezüglich stimmen die Signale: Ginczek, so heißt es, ist körperlich stabil. Und bereit für die nächsten Tore.

Die könnten dann wieder für ein Happy End sorgen – nicht am Spiel-, sondern am Saisonende. Eine schöne Vorstellung, doch Trainer Huub Stevens warnt, sich ihr vorschnell hinzugeben: „Das ist nicht gefestigt, wir haben noch sechs Endspiele.“ Aber auch einen Aufwärtstrend – und Typen an Bord, die vermitteln, auf was es ankommt im Existenzkampf: Niemals aufgeben!

Quelle: Stuttgarer Nachrichten


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