Bundesliga

Der VfB und die Mutmacher

Ist es echte Zuversicht oder nur Zweckoptimismus? Völlig egal. Die Hauptsache ist, dass die Mannschaft des VfB Stuttgart drei Spieltage vor Saisonende noch an die Rettung glaubt. Andere haben es erfolgreich vorgemacht.


Robin Dutt: Aufgeben ist keine Alternative

Es war nach dem 28. Spieltag, als Robin Dutt eine seiner ersten Hochrechnungen für den Rest der Bundesligasaison aufstellte. Der VfB Stuttgart hatte gerade 1:3 beim VfL Wolfsburg verloren, die Stimmung war mäßig, doch der Sportvorstand der Roten sagte: „Wenn wir drei Spieltage vor Schluss nicht mehr als drei Punkte Rückstand auf den rettenden Platz haben, dann schaffen wir es noch.“ Jetzt sind es vier.

Aufgeben ist vor den letzten drei Partien dennoch keine Alternative für Robin Dutt, der vehement versichert, trotz Tabellenplatz 18 und vier Punkten Rückstand auf Rang 15 noch an die Rettung zu glauben. Und das nicht, weil er auch den Weihnachtsmann, den Osterhasen und die Zahnfee für Weggefährten aus Fleisch und Blut hält – sondern aus guten Gründen. „Mein Optimismus gründet auf drei Säulen“, sagt Dutt.

Die erste ist seine Erfahrung, konkreter: „Das Wissen, du hast es schon mehrfach geschafft.“ Mit Bremen und Freiburg kämpfte der Leonberger als Trainer erfolgreich gegen den Abstieg. Eine weitere Säule ist für den Sportvorstand die eigene Mannschaft und deren Leistungen in den vergangenen Partien. „Wir spielen gut“, findet Dutt, und auch Mittelfeldmann Serey Dié meint mit Blick auf die vergangenen beiden Partien gegen Freiburg (2:2) und auf Schalke (2:3): „Die Erkenntnis, dass wir in beiden Spielen lange besser waren, gibt uns Kraft.“ Vielleicht noch wichtiger für die Glaubwürdigkeit der Zuversicht ist aber Säule drei – wenn auch mit kleinen Abstrichen.

Zunächst einmal nämlich spricht die Statistik gegen den VfB: In 51 Jahren Bundesliga ist es erst einer Mannschaft gelungen, von Platz 18 aus in drei Spielen noch die Rettung zu schaffen: Rot-Weiß Oberhausen im Jahr 1971. So weit will Robin Dutt gar nicht zurückblicken, denn auch die jüngere Vergangenheit kann dem VfB Mut machen. Rettungen in letzter Sekunde gab es schließlich immer wieder.

Saison 2012/13: Nach 27 Spielen hatte die TSG Hoffenheim erst 20 Punkte, dann kam Trainer Markus Gisdol, doch die Lage blieb prekär. Die SpVgg Greuther Fürth war zwar bereits abgeschlagen Letzter, die Kraichgauer aber hatten drei Spieltage vor Saisonende wie nun der VfB nur 27 Punkte. Es folgte ein Unentschieden, und Dutt erinnert sich: „Die hätten damals das vorletzte Spiel gewinnen müssen. Stattdessen haben sie 1:4 verloren und mussten am letzten Spieltag nach Dortmund.“ Beim Pokalfinalisten siegte Hoffenheim überraschend 2:1 und rettete sich noch in die Relegation. Dort gelang gegen den 1. FC Kaiserslautern die endgültige Rettung. „Wir waren tot, dann wieder da, dann wieder tot – und jetzt leben wir“, sagte damals 1899-Kapitän Andreas Beck.

Saison 2010/11: Der VfB kletterte unter Bruno Labbadia bereits am 30. Spieltag auf Rang 14, Borussia Mönchengladbach dagegen war noch Letzter und hatte auch nach dem 31. Spieltag noch drei Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz. Mit sieben Punkten aus drei Spielen schafften es die Borussen dann aber noch in die Relegation und setzten sich dort gegen den VfL Bochum durch. „Wir haben ein kleines Wunder vollbracht“, sagte Sportdirektor Max Eberl.

Saison 1998/99: Vier Punkte Rückstand auf den rettenden Platz 15 hatte Eintracht Frankfurt am 31. Spieltag als 17. der Bundesligatabelle. Die Jungs von Trainer Jörg Berger siegten dann zweimal, doch das reichte noch nicht. Ein dritter und hoher Sieg war für die Rettung nötig – und der Traum wird Wirklichkeit. Die Eintracht bezwang den 1. FC Kaiserslautern am letzten Spieltag mit 5:1 und blieb wegen der gegenüber dem 1. FC Nürnberg mehr geschossenen Tore in der Bundesliga. Der entscheidende Treffer von Jan-Aage Fjörtoft fiel in der 89. Minute, der Norweger lobte danach aber vor allem den Trainer: „Jörg Berger hätte sogar die ‚Titanic‘ gerettet.“

Saison 1993/94: Es gilt noch die Zwei-Punkte-Regel, und dem SC Freiburg fehlen drei Spieltage vor Saisonende vier Punkte auf Platz 15. Doch dann startet der Sportclub eine furiose Aufholjagd: 4:0 beim VfB, 1:0 gegen Leipzig, 2:0 in Duisburg. Aufgrund der besseren Tordifferenz gegenüber dem 1. FC Nürnberg bleiben die Freiburger erstklassig. „Die Grabesreden waren gehalten, der Sargdeckel beinahe zu“, meinte Trainer Volker Finke hinterher.

Vier Beispiele, die dem VfB in der aktuellen Lage Mut machen können, dazu kommen die Erinnerungen an eigene erfolgreiche Rettungen – 1999, 2001, 2011 und 2014. „Ich bin erstaunt, wie schnell im Sport manchmal aufgegeben wird“, sagt Dutt. Also kommt das für ihn nicht infrage. Auch wenn die Statistik klar gegen den VfB spricht.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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