Pro und Contra

Schafft der VfB den Klassenverbleib?

Es geht um alles für den VfB Stuttgart. Die Ausgangssituation ist schlecht, aber noch sind zwei Spiele in der Fußball-Bundesliga zu bestreiten, um den zweiten Abstieg in der Vereinsgeschichte zu vermeiden. Gelingt dem VfB die erneute Rettung? In der Sportredaktion gibt es unterschiedliche Meinungen.


In die Rückkehr von Kevin Großkreutz setzt der VfB große Hoffnungen.

Dem VfB steht das Wasser bis zum Hals. Zwar haben es die Stuttgarter vor dem Heimspiel gegen Mainz auch weiterhin selbst in der Hand, in der Bundesliga zu bleiben. Die Leistungen in den vergangenen Wochen jedoch geben wenig Anlass zur Hoffnung. Der VfB wird es trotzdem schaffen, meint unser Sportredakteur Thomas Haid. Sein Kollege Marko Schumacher hingegen glaubt nicht mehr an eine Rettung.


Der VfB wird sich retten, glaubt Thomas Haid

Keine Frage, die Lage ist wieder mal prekär, aber der VfB schafft den Klassenverbleib – und zwar nicht zuletzt genau aus dem Grund, weil die Lage wieder mal so prekär ist und nicht mehr besonders viele Leute an die Rettung glauben. Deshalb hat die Mannschaft jetzt kaum noch etwas zu verlieren, eine Situation wie vor dem Saisonfinale im vergangenen Jahr. Die Spieler ticken so, dass sie immer dann am stärksten sind, wenn sie mit dem Rücken zur Wand stehen und sich in der Rolle des Jägers befinden – ein VfB-Phänomen.

Außerdem gibt es weitere Parallelen zum Endspurt im Mai 2015, als der VfB durch drei Siege hintereinander den Abstieg noch verhinderte. Wie damals gehört auch dieses Mal der FSV Mainz zu den Gegnern in der Mercedes-Benz-Arena – und wie damals sind die Rheinhessen auch heute nach einer wochenlangen sportlichen Durststrecke angeschlagen. Das gilt dann fast noch mehr für den VfL Wolfsburg, den letzten Gegner des VfB in dieser Runde. Für diese Partie dürfte es keinen günstigeren Moment geben als jetzt den 14. Mai, da es im Wolfsburger Team unübersehbare Auflösungserscheinungen gibt.

Hinzu kommt, dass die Fans den Auftritt in der VW-Arena zu einem Stuttgarter Heimspiel machen werden. Diese Unterstützung hat schon vor einem Jahr zum entscheidenden Erfolg in Paderborn beigetragen. Warum sollte sich diese Geschichte nicht wiederholen? Der VfB weiß, wie es auf den allerletzten Drücker funktioniert – ein psychologischer Vorteil gegenüber Konkurrenten wie Bremen oder Frankfurt, die nun in der Position sind, etwas verteidigen zu müssen.

Der VfB kann angreifen – mit einem Kämpfer wie Kevin Großkreutz, der nach seiner Verletzung rechtzeitig zurückkehrt. Noch eine Gemeinsamkeit: So war es vor einem Jahr auch bei den Comebacks von Antonio Rüdiger und Daniel Ginczek.

Aber eigentlich schafft der VfB den Klassenverbleib vor allem deshalb, weil die Hoffnung bekanntlich ja zuletzt stirbt.


Diesmal erwischt es den VfB, meint Marko Schumacher

Die Karriere des Kevin Großkreutz hat schon manch kuriose Wendung genommen, in Dortmund, in der Nationalelf, in Istanbul und auch in Stuttgart. Erst seit Jahresbeginn spielt der tief gefallene Weltmeister für den VfB – und findet sich nun trotzdem in der Rolle des großen Messias wieder. So weit ist es also gekommen, dass auf der Suche nach ein bisschen Hoffnung im Abstiegskampf nur noch ein rechter Verteidiger bleibt, der erst neun eher durchschnittliche Spiele bestritten hat und zuletzt zwei Monate verletzt war.

Nein, das wird nicht reichen, es ist zu spät. Diesmal wird es für den VfB keine wundersame Rettung mehr geben, auch nicht mithilfe des aufrechten Kämpfers Kevin Großkreutz. Jetzt ist er gekommen, der Zeitpunkt, an dem der Verein die Rechnung für jahrelange Misswirtschaft bezahlen muss. Zu viel ist in all der Zeit kaputtgegangen, zu sehr hat sich in den vergangenen Wochen die Abwärtsspirale noch einmal beschleunigt. Der VfB sitzt in der Falle.

Nur einen Punkt hat die VfB-Elf aus den letzten sechs Spielen geholt – und beim jüngsten 2:6 in Bremen besonders eindrucksvoll demonstriert, dass es ihr an allem mangelt, was im Kampf gegen den Abstieg nötig ist. An einer bundesligatauglichen Abwehr, an furchtlosem Führungspersonal, ja sogar an der Leidenschaft, Kampfkraft und Moral. Es gibt nicht den geringsten Hinweis darauf, warum gegen Mainz und Wolfsburg plötzlich alles ganz anders werden sollte.

Verzweifelt versuchen die VfB-Verantwortlichen nun, die letzten Kräfte zu mobilisieren und die Fans noch mal ins Boot zu holen – was bleibt ihnen auch anderes übrig? Doch gilt für den Anhang das Gleiche wie für die eigenen Spieler: Sie sind müde und ausgelaugt vom jahrelangen Abstiegskampf, sie haben keine Kraft mehr, die Resignation ist mit Händen zu greifen. Ein Aufbäumen wird es diesmal nicht geben.

Und nur ein schwacher Trost ist, dass Kevin Großkreutz schon angekündigt hat, auch in der zweiten Liga bleiben zu wollen.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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