Pro und Contra

Benötigt der VfB eine zweite Mannschaft?

Der Trend im Fußball geht zu immer jüngeren Spieler. Vor diesem Hintergrund hat der eine oder andere Proficlub seine zweite Mannschaft abgeschafft. Der VfB hält an der Reserve fest. Ist das richtig? Ein Pro und Contra.


Boris Tashchy spielt zurzeit in der zweiten Mannschaft des VfB.

2015 schaffte die Deutsche Fußball-Liga (DFL) die zuvor bestehende Pflicht einer zweiten Mannschaft für die Vereine der ersten und zweiten Liga ab. Mit Eintracht Frankfurt, dem FSV Frankfurt und Bayer 04 Leverkusen, dem Antragsteller der Regeländerung, schafften auch direkt drei Teams ihre Reservemannschaften ab. Auch Darmstadt 98 hat keine U-23-Team mehr. Die große Mehrheit der Profivereine behielt jedoch ihre Teams. Die zweite Mannschaft des VfB Stuttgart spielt zurzeit in der Regionalliga Südwest. Vergangene Saison war das Team aus der dritten Liga abgestiegen. Benötigt der VfB Stuttgart eine zweite Mannschaft? Ein Pro-und-Contra unserer Sportredaktion.


Pro: Wertvolle Zwischenstation

Wer waren im Mai 2015 im Kampf gegen den Abstieg mit die entscheidenden Spieler für den VfB? Daniel Didavi und Daniel Ginczek. Wo hatten sie zuvor nach ihren Verletzungen unter Wettkampfbedingungen wieder Fuß gefasst? In der zweiten Mannschaft. Den Rekonvaleszenten Spielpraxis zu geben, ist ein Aspekt für die Beibehaltung einer U 23. Der andere: Nicht jeder U-19-Spieler ist nach seiner A-Junioren-Zeit schon so weit, um sofort den Sprung in die Bundesliga zu schaffen. Manchmal fehlt noch die mentale Stärke, oft die körperliche Robustheit. Da ist es ein Segen, wenn sich ein Spieler zumindest eine Saison lang im Reserveteam weiterentwickeln kann.

Nationalspieler wie Sami Khedira, Serdar Tasci, Andy Beck, Bernd Leno (alle VfB) oder auch Thomas Müller (FC Bayern) hat die wertvolle Zwischenstation U 23 entscheidend geprägt. Allerdings sollte dieser Ausbildungsschritt auf höchst möglichem Niveau stattfinden. Optimalerweise nicht in der Regionalliga bei Spielen in Walldorf oder Nöttingen. Sondern in der dritten Liga. Wer bei Auftritten in Duisburg oder Osnabrück gegen gestandene Drittligakanten erfolgreich dagegenhält, der hat die Feuertaufe für die Beletage bestanden. Zudem ist es sicher alles andere als ein Nachteil, wenn es darum geht, ein U-17-Talent zum Verein zu holen, wenn beim Aufzeigen einer mittelfristigen Perspektive auch der mögliche Zwischenstopp U 23 enthalten ist. (Jürgen Frey)


Contra: Umschichten hat Sinn

Komplexe Finanzierungsmodelle, digitale Medien, modernste Leistungsdiagnostik – keine Frage: Das Fußballgeschäft hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Das schließt die Entwicklung der angehenden Profikicker mit ein. Das beste Fußballalter wird längst nicht mehr auf Ende 20 geschätzt – wer ein Guter ist, der zeigt das schon viel, viel früher. Vorbei sind die Zeiten, als sich talentierte Fußballer nach der Juniorenzeit erst einmal in mehreren Jahren – und womöglich in der zweiten Mannschaft eines Bundesligavereins – auf den entscheidenden Schritt in Richtung Spitze vorbereitet haben. Die Qualität der Ausbildung in den Nachwuchsleistungszentren ist gestiegen, die Entwicklung zum nahezu kompletten Spieler viel früher abgeschlossen – und die Frage daher berechtigt: Wozu noch eine zweite Mannschaft unterhalten? Zumal eine, die im hinteren Mittelfeld der vierten Liga kickt? Selbst für einen ambitionierten Zweitligisten hat das keinen Sinn mehr.

Die großen Talente schaffen den Sprung nach oben direkt, alle anderen wollen sich mindestens in Liga drei, besser noch in der zweiten Liga, beweisen. Weshalb eine solche zweite Mannschaft auch keine Anziehungskraft für talentierte Teenager mehr darstellt. Das für sie benötigte Geld ist in der eigentlichen Jugendarbeit heutzutage viel besser angelegt. Auch wenn der Abschied der traditionsreichen „VfB-Amateure“ schwerfallen würde. (Dirk Preiß)

Quelle: Stuttgarter Zeitung


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