Bundesliga

„Erfolg ist vor allem Kopfsache“

Gegen Hannover 96 steht Alexandru Maxim wieder mal in der Startelf des VfB. Im Interview spricht der Rumäne über seine Rolle im Team der Roten, den deutschen Ehrgeiz und das Verhältnis zu seinem Spielmacher-Rivalen Daniel Didavi.


Will es wissen: VfB-Spielmacher Alexandru Maxim

Alexandru Maxim, wir mussten unser Gespräch um eine Stunde nach hinten verschieben, weil Sie eine Sonderschicht im Kraftraum eingelegt haben. Sehen wir bald einen Tim Wiese beim VfB?
(Lacht, prüft seine Figur.) Nein, das ist nicht zu befürchten. Aber ich will und muss körperlich zulegen. Deshalb hat mir unser Fitnesstrainer (Chima Onyeike, d. Red.) in der Winterpause ein Programm erstellt. Das mache ich dreimal die Woche, jeweils 40 Minuten lang. Es ist wichtig, dass ich physisch zu 100 Prozent fit bin.

Damit Sie bald öfter von Beginn an spielen?
Natürlich will ich immer spielen, das will jeder Fußballer. Es ist deshalb nicht einfach, auf der Bank zu sitzen. Umso mehr muss ich bereit sein, wenn ich die Chance von Anfang an bekomme.

Im Heimspiel gegen Hannover 96 stehen Sie an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky) mal wieder in der Startelf, weil Daniel Didavi gelbgesperrt ist. Was bedeutet das für Sie, für Ihr Spiel und Ihre Einstellung, wenn Sie nicht nur die letzten Minuten reinkommen?
So habe ich mehr Zeit, meine Qualitäten zu zeigen. Wenn ich nur fünf Minuten spiele, bin ich vielleicht noch fokussierter, da muss ich alles reinpacken. Wobei es ja nicht nur diese fünf Minuten sind, dazu gehört auch die ganze Woche Vorbereitung. Wenn du nicht ständig spielst, musst du noch mehr trainieren als sonst.

Sie kommen meist nur zum Zuge, wenn Didavi aus dem Spiel geht oder verletzt ausfällt. Das kann nicht Ihr Anspruch sein.
Das ist natürlich nicht einfach zu akzeptieren. Aber so ist Fußball. Ich mache im Training alles, was ich beeinflussen kann. So kann ich mir abends nie vorwerfen, ich hätte mehr investieren müssen. Danach ist es die Entscheidung des Trainers, wer spielt. Und über allem steht der Erfolg der Mannschaft.

Wie sehr ärgert es Sie, dass Didavi als Zehner gesetzt ist?
(Schmunzelt.) Ich habe den Eindruck, die Leute denken immer, wir kämpfen gegeneinander, aber so ist das nicht, im Gegenteil. Es ist nicht so, dass ich ihn im Training beobachte, um ihm nachzueifern. Er ist Dida, und ich bin Alex. Wir sind Freunde, wir respektieren uns und helfen uns gegenseitig.

Schwer zu glauben.
Für Dida war es nicht einfach, nach seiner langen Verletzungszeit zurückzukommen. Aber er hat es geschafft. Das zeugt von einem starken Charakter. Dafür schätze ich ihn sehr.

Im Grunde müssten Sie froh sein, wenn er den VfB im Sommer verlässt, wie spekuliert wird.
Seine Qualität würde uns fehlen. Und es ist ja nicht so, dass ich dann automatisch spielen würde. Vielleicht kommt dann ein neuer Zehner. Deshalb arbeite ich immer am Limit. Ich will jeden Tag besser werden. Und bereit sein, wenn meine Chance kommt.

Vielleicht sind Sie ja einfach der ideale Joker. Gegen den Hamburger SV kamen Sie ins Spiel, und keine Minute später haben Sie die Vorlage zum Siegtor geliefert. Gegen Schalke 04 hat es zwölf Minuten gedauert, bis Sie die Vorlage zum Ausgleich geliefert haben.
Das ist gut für den Kopf, wenn ich Tore vorbereite. Aber ich hätte diese Saison auch gerne mehr Tore erzielt als das eine . . .

. . . das Ihnen im Hinspiel in Hannover gelungen ist. Inzwischen ist 96 Tabellenletzter. Da können Sie ja jetzt locker nachlegen . . .
Locker? Vergangene Saison waren wir in Hannovers Situation. Da ist jedes Spiel ein Finale. Da spürst du ständig das Messer am Hals und kämpfst um jeden Meter. Deshalb wird das für uns nicht einfach. In der Bundesliga kann der Letzte auch gegen Topteams gewinnen, das macht die Liga ja zu einer der stärksten in Europa.

In der Sie nun seit Januar 2013 spielen – meist gegen den Abstieg. Ist das auf Dauer nicht nervtötend und belastend?
O ja, wenn alle die Köpfe hängen lassen, wenn du ständig unter Druck stehst – irgendwann bist du nicht mehr du selbst. Aber wenn du intelligent bist, lernst du aus solchen Phasen, dann wächst du daran. Diese Erfahrung war auch für mich wichtig. Nicht nur als Fußballer, sondern auch als Mensch.

Aber schöner ist der Erfolg. Warum haben Sie beim VfB dennoch bis 2019 verlängert?
Hier habe ich alles, was ich brauche. Stuttgart ist eine schöne Stadt, der VfB ist ein toller Club, die Fans mögen mich, und alle beim VfB stehen hinter mir. Niemand redet schlecht über mich, auch nicht in schlechten Zeiten. Du musst ein Idiot sein, wenn du das nicht zu schätzen weißt.

Was bedeutet der VfB für Sie?
Ich bin 2013 am letzten Tag der Transferperiode nach Stuttgart gekommen. Das war das Beste, was mir passieren konnte. Das hat mein Leben verändert.

Inwiefern?
Schauen Sie, ich komme aus Rumänien und habe vier Jahre in Spanien gespielt, da war ich noch nicht Profi. In beiden Ländern sind die Menschen nicht so ehrgeizig und strebsam wie in Deutschland. Hier ist alles professioneller. Was die Deutschen anpacken, machen sie zu 100 Prozent. Deshalb haben sie Erfolg. Siehe die Handballer, die Europameister wurden. Oder Angelique Kerber bei ihrem Gewinn der Australian Open. Aber das gilt nicht nur für den Sport. Die Deutschen bauen die besten Autos, sie sind in vielen Bereichen erfolgreich. So habe ich gelernt: Wenn du die deutsche Mentalität verstehst, dann reifst du. Das war am Anfang nicht einfach. Aber ich kann nun sagen: So bin ich ein anderer Mensch geworden.

Und ein besserer Fußballer. Was steckt noch in Ihnen?
(Lacht.) Am liebsten würde ich in jeder Saison 20 Tore schießen und 20 Vorlagen liefern.

Das klingt nach deutschem Ehrgeiz.
Na ja, natürlich kann man auch eine gute Saison spielen, wenn man nicht viele Tore macht. Auch dann kann man der Mannschaft helfen. Der VfB hat mir die Chance gegeben, auf einem sehr hohen Niveau zu spielen. Dafür werde ich ihm ewig dankbar sein. Und im Grunde ist es doch so: Wir Spieler sind hier angestellt, um aus dem VfB einen besseren Club zu machen.

Was jahrelang nicht gelungen ist. Umso befreiender muss jetzt das Gefühl sein, wenn man nicht jedes Wochenende beim Blick auf die Tabelle zittern muss.
Das ist sehr angenehm. Die Fans, die Leute in der Stadt, die Mitarbeiter – alle sind jetzt viel entspannter. Und auf dem Platz muss keiner Angst haben, dass gleich die Welt einstürzt, wenn er mal den Ball verliert.

Was hat Trainer Jürgen Kramny mit der Truppe angestellt?
Wir wussten immer, dass wir Qualität im Kader haben. Als ich kam, war Bruno Labbadia unser Trainer. Mit ihm haben wir in der Europa League gespielt. Bei Armin Veh hatten wir meist ein gutes Gefühl, aber häufig landete dann gleich der erste Schuss des Gegners in unserem Tor. Oder nehmen Sie das Spiel gegen Manchester City. Danach dachten viele, wir schießen alles weg. Stattdessen hatten wir Torchancen in Hülle und Fülle, haben aber nicht getroffen. Jetzt machen wir aus weniger Chancen viele Tore.

Was sagt Ihnen das?
Dass Fußball unberechenbar ist. Erfolg ist vor allem Kopfsache.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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