Christian Gentner

Christian Gentner profiliert sich als Schrittmacher




In schwierigen Situationen ­entscheidet der Wille über Erfolg und Misserfolg. So wie bei Gotoku Sakai, der sich beim 2:1 gegen Eintracht Frankfurt nach 20 Minuten einen Innenbandteilriss im rechten Sprunggelenk zuzog und bis zum Schluss durchhielt. Oder wie bei Christian Gentner. Beim 1:0 gegen den Hamburger SV klagte er schon nach 20 Minuten über Übelkeit und biss auf die Zähne, gegen Frankfurt verdrängte er seine muskulären Probleme, erzielte die Führung und lieferte wie schon in Hamburg eine bärenstarke Partie ab.

Das macht Hoffnung für das DFB-Pokalspiel gegen den Zweitligisten FC St. Pauli an diesem Mittwoch (19 Uhr/Sky, Ausschnitte in der ARD ab 22.40 Uhr). 22 000 Karten sind verkauft, Trainer Bruno Labbadia erwartet einen defensiv eingestellten Gegner und hofft auf einen „Türöffner“. Auf einen Spieler, der die Weichen auf Sieg stellt.

Gentner spielt überlegte Pässe

Christian Gentner könnte dieser Mann sein. „Ich bin gut im Rhythmus“, sagt er.

Das war nicht immer so. Lange Zeit suchte der Vizekapitän nach seiner Rückkehr vom VfL Wolfsburg vor zwei Jahren seine Bestimmung, irrte zwischen dem zentralen Mittelfeld und der Ersatzbank hin und her, seine Leistungen waren eher schwankend und seine Akzeptanz bei den Fans, gelinde gesagt, ausbaufähig. Dem Techniker schlug jede Menge Argwohn entgegen. Dabei wäre er als Integrationsfigur ideal geeignet. Der gebürtige Nürtinger, der aus der eigenen Jugend stammt, war deutscher Meister 2003 mit den A-Junioren und 2007 mit den Profis des VfB, sein Herz schlägt für den Verein, in dem sein Bruder Michael als Sportlicher Leiter über die U-14- bis U-16-Mannschaften wacht. „Christian ist einen schwierigen Weg gegangen“, sagt Labbadia, „es spricht für ihn, dass er sich dabei nicht herunterziehen ließ, sondern den Problemen trotzte.“

Den Lohn kassiert er jetzt. Gentner (27) verpasste in bisher 15 Saisonspielen des VfB keine Sekunde, in neun Bundesliga-Spielen spulte er 108,6 Kilometer ab – nur der Fürther Stephan Fürstner (109,8) lief ligaweit mehr. Dazu spielte er überlegte Pässe, trieb das Spiel des VfB an. Gentner ist der Schrittmacher des VfB. „Ich spiele immer und bin topfit. Das war in den vergangenen eineinhalb Jahren nicht immer so“, sagt er.

Gentner erweist sich seiner Rolle als Vizekapitän als würdig

Gentner, so scheint es, ist endgültig angekommen. Zu Saisonbeginn nutzte er seine Chance, als sein Rivale Zdravko Kuzmanovic körperliche Defizite aufarbeiten musste und in den ersten drei Europa-League-Spielen gesperrt war. Seither hat er sich festgebissen. Kein Vergleich zur vergangenen Spielzeit, als er nur 16-mal in der Startelf stand. Anders als Kuzmanovic, der alle paar Wochen, zuletzt am Sonntag, von seinem Weggang redet, arbeitete er damals an seiner Form, wartete auf seine Chance und bewies Teamgeist, indem er eigene Interessen nicht über das Wohl der Mannschaft stellte. „Christian hat einen guten Charakter“, sagt Labbadia. Manager Fredi Bobic will den Vertrag mit ihm zügig über die Saison hinaus verlängern.

Denn Gentner erweist sich auch seiner Rolle als Vizekapitän als würdig. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis sich beim VfB eine Hierarchie und im Spiel eine Struktur aufzubauen begann. „In beiden Bereichen hat Christian viel Initiative übernommen“, sagt Trainer Labbadia. Zusammen mit Kapitän Serdar Tasci, Sven Ulreich, Martin Harnik und Georg Niedermeier gehört Gentner zum Führungspersonal in der Kabine und auf dem Platz. Dort profitiert ein Jungprofi wie Raphael Holzhauser enorm von der Stärke seines Nebenmanns im zentralen Mittelfeld.

Ob das für den Österreicher auch gegen St. Pauli gilt, ist offen. Denn trotz der Ausfälle von Cacau, Arthur Boka, Tunay Torun, Tim Hoogland und wohl auch Sakai denkt Labbadia an den einen oder anderen personellen Wechsel. „Ich will immer mit der besten Mannschaft spielen“, sagt er, „aber wir haben noch so viele Spiele vor uns, da muss ich ein Gefühl entwickeln, wer eine Pause braucht.“ Wenn es nach den zurückgelegten Kilometern geht, ist Gentner der erste Kandidat – aber nur dann.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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