Bundesliga

"Neuer Mut, neue Kraft"



Der VfB Torhüter Sven Ulreich kehrt gegen Nürnberg in die Starformation zurück. Er spricht über seine Verletzung, die Entwicklung des Teams und seine neuen Erfahrungen als Feldspieler.

Hallo Ulle, gegen Eintracht Frankfurt hast Du Dich verletzt. Etwas mehr als 1 Monat ist seither vergangen. Da dreht sich die 1. Frage natürlich um Dein Befinden. Wie geht es Dir?
Sven Ulreich: "Gut. Ich bin wieder im Mannschaftstraining und freue mich, dass die Hand nicht mehr wehtut, die Schmerzen weg sind. Ich bin nicht eingeschränkt."

Aufgrund der Handverletzung ist Deine Einsatzserie von 108 Bundesligaspielen nacheinander gerissen. Welche Bedeutung hatte das für Dich?
Sven Ulreich: "Das ist zwar schon schade, aber es ist trauriger, dass ich nicht spielen konnte. Das ist das Schlimmere und hat überwogen. Es ist immer schwierig, von außen zuzuschauen. Man will natürlich lieber spielen."

Auf der anderen Seite tut solch eine Pause besonders dem Kopf vielleicht auch gut, schließlich steht ein Torhüter unter besonderer Anspannung.
Sven Ulreich: "Ich spiele immer gerne, daher hatte ich auch nie das Gefühl, dass es zu viele Spiele waren. Es macht jede Woche Spaß, in der Bundesliga zu spielen. Natürlich habe ich die Zeit aber auch genutzt, um ein bisschen abzuschalten. Trainieren war trotzdem möglich und das war gut. Deswegen habe ich nicht viel verloren. Es war ja nicht so, dass ich Urlaub gemacht habe. Man sieht das Ganze dann aber wieder mit etwas anderen Augen. Man weiß wieder, was man am Fußball hat. Man weiß wieder, wie viel Spaß das bringt, auch wenn man manchmal flucht, weil man trainieren muss."

2010 hast Du Dir einen Wadenbeinbruch zugezogen und bist auch länger ausgefallen. Inwiefern hat Dir diese Verletzungsphase geholfen, mit der aktuellen klarzukommen?
Sven Ulreich: "In der Jugend hatte ich mich auch noch an der Schulter verletzt und war fast 10 Monate weg. Natürlich weiß man daher, wie man damit umgehen muss. Aber jede Verletzung ist blöd und man kann sie nie gebrauchen. Außerdem ist jede anders, man muss jede durchstehen und man darf sich nicht hängen lassen."

Bei der jüngsten Verletzung war eines ganz anders, denn Du hast gleich wieder trainiert – und zwar mit der Mannschaft, ohne Handeinsatz. Wie war es als Feldspieler?
Sven Ulreich: "Es hat Spaß gemacht, aber es war auch sehr anstrengend. Man ist es als Torhüter nicht gewohnt, dass man so viel laufen muss. Wenn man so eine Einheit mitgemacht hat, weiß man abends schon, was man getan hat. Vor allem in der Länderspielpause war ich voll involviert, weil viele Spieler weg waren. Da habe ich als linker oder rechter Verteidiger fungiert, und das ist dann schon anstrengender, als im Tor zu stehen." (lacht)

Hat Dir das vom Spielverständnis her vielleicht sogar etwas gebracht?
Sven Ulreich: "Natürlich weiß man, wie sich die Spieler verhalten müssen. Aber man merkt, wie schwierig es beispielsweise als Außenverteidiger ist, wie viel man laufen und dass man immer hellwach sein muss. Ich habe großen Respekt vor den Jungs, was die auf dem Feld leisten."

Am 14. Oktober stand die Rückkehr ins Torhütertraining an. Wie groß war die Überwindung beziehungsweise die Sorge, schließlich war das die 1. schlimmere Handverletzung Deiner Profikarriere?
Sven Ulreich: "An den ersten beiden Tagen musste ich mich erst einmal wieder an die Belastung gewöhnen und Vertrauen in die Hand zurückgewinnen. Ich habe da auch manchmal zurückgezogen und hatte ein bisschen Angst, dass was kaputt geht. Aber das lief sehr schnell besser. Von Ball zu Ball habe ich zunehmend gemerkt, dass es nicht wehtut. Andi Menger hat mir auch gut geholfen, weil er das Training so gesteuert hat, damit ich das Vertrauen in die Hand zurückgewinnen kann. In der aktuellen Woche hatte ich von Anfang an keine Angst mehr, an die Bälle zu gehen."

Wie sieht solch eine spezielle Trainingssteuerung aus?
Sven Ulreich: "Wir haben in den ersten paar Tagen vor allem Fangtechniken geübt. Das hat gereicht, um zu testen, inwieweit ich noch Schmerzen habe. Außerdem hatte ich zum Beispiel einen Knetball, mit dem ich meine Handmuskulatur gestärkt habe. Ich habe auch das Handgelenk trainiert und weitere Extraübungen gemacht. Die Hand ist wieder okay, es hat also was gebracht."

Der User Stefan Groß hat unter Deinen Facebookeintrag vom 1. Training Folgendes geschrieben: "Guter Mann. No pain, no gain!" Hat Dich die Verletzung vielleicht sogar gestärkt?
Sven Ulreich: "Das muss man abwarten. Ich hoffe natürlich, dass ich an meine Leistung anknüpfe, mit der ich gegen Frankfurt aufgehört habe. Ich hoffe auch, dass ich neuen Mut und neue Kraft aus der Verletzung mit rausnehme und im besten Fall stärker zurückkomme."

Sicherlich verlernt ein Torhüter in 3 bis 4 Wochen nicht viel. Aber die fehlende Übung bleibt bestimmt auch nicht komplett folgenlos. Woran musstest Du nach Deiner Rückkehr ins Torhütertraining am meisten arbeiten?
Sven Ulreich: "Ich war selbst überrascht, dass alle Torwarttechniken von Anfang so gut liefen. Nach einer Pause ist es oft so, dass die Abläufe ein bisschen unrund sind. Das war allerdings kaum der Fall. Natürlich musste ich mich aber wieder an die Schüsse gewöhnen. Die Hand hatte zu Beginn vom Fangen auch ein bisschen Muskelkater. Das waren aber nur die ersten 2 bis 3 Tage."

Insgesamt musstest Du 3 Bundesligaspiele und 1 Pokalpartie aussetzen. Wie hast Du die vergangenen Wochen aus der Trainings- und Tribünenperspektive erlebt?
Sven Ulreich: "Es ist schade, dass wir aus dem DFB-Pokal ausgeschieden sind. Wir haben in Freiburg ein ordentliches Spiel gemacht. Gegen Braunschweig war es richtig gut, und auch gegen Bremen war es ordentlich, da haben aber die Tore gefehlt. In Hamburg ging es dann hin und her, und wenn man 3 Tore schießt, sollte man den Sieg mit nach Hause nehmen. Ich denke dennoch, dass sich die Mannschaft weiterentwickelt hat. Wir hatten auch schon vor meinem Ausfall einen positiven Trend gestartet. Das Team weiß nun wieder, was es kann und hat sich gefestigt. Aber in den vergangenen beiden Partien haben wir nicht ganz die Ergebnisse geliefert. Wir müssen noch daran arbeiten, dass wir cleverer und sauberer zu Ende spielen, um Partien – wie beispielsweise die beim HSV – auch zu gewinnen."

Inwiefern spürst Du diesen Aufwärtstrend auch im Training? Da warst Du ja schließlich meistens dabei.
Sven Ulreich: "Man spürt im Training, dass Selbstvertrauen vorhanden ist. Es läuft viel runder, die Passspiele sind zum Beispiel sauberer. Im Fußball hat vieles mit dem Kopf zu tun, und wenn du eine Negativserie hast, kommst du ins Grübeln, musst überlegen – und dann machst du dir eigentlich schon zu viele Gedanken und es passt nicht. Wenn du einen Lauf hast, ist es natürlich ganz anders. Nach dem Braunschweig-Spiel lief beispielsweise alles und ich war mir sicher, dass wir gegen Bremen gewinnen, aber leider haben wir ein Tor zu wenig geschossen."

Beim Verhindern von Toren hat Dich derweil Thorsten Kirschbaum vertreten. Wie bewertest Du seine Leistungen?
Sven Ulreich: "Kirsche hat mich sehr gut vertreten, er hat starke Spiele abgeliefert. Manchmal hatte er weniger zu tun, in Hamburg hatte er ordentlich gehalten und Pech gehabt, dass er dennoch 3 Tore bekommen hat. Das ist immer schade für einen Torhüter. Kirsche ist ein Supertyp und ich freue mich auch für ihn, dass er seine ersten paar Bundesligaspiele machen konnte."

Auch ihr beide scheint euch gut zu verstehen. Der Hintergrund seiner Verpflichtung war, dass nicht nur er sich weiterentwickelt, sondern auch Du Dich durch den Konkurrenzkampf nochmal verbesserst. Wie gut ist das bisher aufgegangen?
Sven Ulreich: "Das Trainingsniveau ist sehr hoch, und ich freue mich, dass ich einen Torhüter hinter mir habe, bei dem ich weiß, dass er mich pusht und mich antreibt. Ich kann ihm vielleicht auch noch helfen. Im Endeffekt sind wir zwar Konkurrenten, aber wir verstehen uns sehr gut, und das ist auch wichtig."

Am Freitag gegen den 1. FC Nürnberg stehst nun wieder Du von 20.30 Uhr an in der Startformation. Wie geht ein Torhüter mit den Erfahrungen Deiner jüngsten Verletzung um, schließlich hast Du Dich gegen Frankfurt verletzt, weil Du Dich aufopferungsvoll in einen Schuss von Vaclav Kadlec geworfen und dem VfB damit einen Punkt gerettet hast.
Sven Ulreich: "Im Training bleibt man bei ähnlichen Situationen ein wenig zurück, das hätte ich allerdings auch schon vor der Verletzung gemacht. Aber im Spiel – so kenne ich mich – da bist du im Geschehen drin und willst alles Mögliche dafür tun, dass der Ball nicht reingeht. Ich habe daher gar keine Bedenken, dass die Verletzung eine Rolle spielen könnte."

Der Club hat seit ein paar Tagen einen neuen Trainer. Ihr kennt den Effekt des Trainerwechsels aus der jüngeren Vergangenheit nur zu gut, in den 6 Partien unter Thomas Schneider und seinem Team ist der VfB ungeschlagen. Welche Auswirkungen erwartest Du in Nürnberg?
Sven Ulreich: "Ein Trainerwechsel ist insofern immer positiv, als dass alle erst einmal hellwach sind und sich zeigen wollen. Deswegen wird es ein sehr schwieriges Spiel, auch weil wir nicht wissen, wie der neue Coach aufstellt, wie er spielen lässt. Das ist eine Partie, in der wir uns fast nur auf uns konzentrieren müssen. Außerdem haben wir wieder unsere Fans im Rücken und ich hoffe, dass wir mit deren Unterstützung den Heimsieg holen."

Und warum lohnt es sich für die Fans, am Freitag ins Stadion zu kommen?
Sven Ulreich: "Ich glaube einfach, dass sich die Mannschaft das in den vergangenen Spielen verdient hat. Natürlich hätten wir in Hamburg lieber einen Dreier geholt, aber ich denke, dass wir am Freitag einen Heimsieg holen, und ich hoffe, dass wir die Fans mit Toren beschenken."



Quelle: vfb.de


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