Dietrich soll Präsident werden

VfB wirft die Werbemaschinerie an

Der VfB versucht, möglichst viele Mitglieder zu mobilisieren, die am 9. Oktober für Wolfgang Dietrich als Präsident stimmen.


Wolfgang Dietrich will VfB-Präsident werden.

In diesen Tagen haben die 47 000 Mitglieder des VfB Stuttgart mal wieder Post von ihrem Verein bekommen. In dem mit dunkelroten Grüßen endenden Schreiben werden sie gebeten, am 9. Oktober in möglichst großer Anzahl bei der Jahreshauptversammlung zu erscheinen, auf der mit Wolfgang Dietrich ein neuer Präsident gekürt werden soll. Der Unternehmer ist der einzige Kandidat des Aufsichtsrats – wohl wissend, dass er die Anhängerschaft des Zweitligisten nicht nur wegen seiner früheren Tätigkeit als Sprecher des emotional aufgeladenen Bahnhofprojekts „Stuttgart 21“ in zwei Lager spaltet.

Kritisch gesehen werden bei Teilen der Fans zudem die geschäftlichen Interessen, die der Investor Dietrich mit seiner weit verzweigten Firma Quattrex-Sports AG schon seit Jahren im deutschen Profifußball verfolgt – auch wenn er sich selbst inzwischen offiziell aus dem Unternehmen zurückgezogen hat. Laut Handelsregistereintrag gab er seinen Posten als Geschäftsführer am 29. August, 16.12 Uhr, ab. Nun steht sein Sohn Christoph an der Spitze.

Die Wahl wird kein Selbstläufer

Diese Konstellation deutet darauf hin, dass die Wahl von Dietrich alles andere als ein Selbstläufer werden dürfte. Insbesondere bei vielen Fanclubs wie speziell der Ultra-Bewegung sind die Widerstände gegen den 68-Jährigen gewaltig – und diese Gruppierungen stellen dann wiederum die klassische Klientel, die auf Mitgliederversammlungen gerne Flagge zeigt. Also ist es das Ziel des VfB, darüber hinaus Leute zu mobilisieren, die ein Gegengewicht bilden und bei der Veranstaltung in der Schleyer-Halle für Dietrich stimmen. „Wir rufen ziemlich offensiv zur Teilnahme auf“, sagt der Projektleiter Rainer Mutschler.

Sein mit verschiedenen Vergünstigungen verbundener Appell kommt in dem jetzt verschickten Brief an die Mitglieder zum Ausdruck, die beispielsweise die Möglichkeit erhalten, am 9. Oktober kostenlos nach Stuttgart zu fahren. Wer sich bis zum 18. September beim VfB anmeldet, erhält ein VVS-Ticket. Dazu werden Bustransfers aus entlegenen Teilen Württembergs angeboten, ebenfalls komplett gratis. Das sei ein Wunsch gewesen, der im Frühling auf den Regionalversammlungen, die der inzwischen zurückgestellten Ausgliederung vorangehen sollten, immer wieder geäußert worden sei, sagt Mutschler.

Das ist aber noch lange nicht alles, was sich der VfB einfallen ließ. So werden unter den bis zum 18. September registrierten Mitglieder insgesamt 100 Sitzplätze direkt beim auch in der Schleyer-Halle anwesenden Profiteam verlost. Wer nicht gewinnt, hat vor dem Beginn des Termins um 12 Uhr dennoch die Chance, die Spieler und die Angehörigen der Traditionsmannschaft hautnah in einem so genannten „Meet & Greet“-Bereich zu erleben, Händeschütteln inklusive. Weiter gewährt der 1893 gegründete VfB den Besuchern der Veranstaltung einen einmaligen Sonderrabatt von 18,93 Prozent auf ausgewählte Fanartikel.

Außerdem landet jeder Teilnehmer mit seinem Namen in einem Lostopf. Zu vergeben sind ein Heimspiel als Ehrengast im Vip-Bereich und ein Auftritt beim Training der Mannschaft mit anschließender privater Führung und Autogrammen der Spieler. Begleitpersonen, die nicht an der Mitgliederversammlung teilnehmen können, bekommen zudem vergünstigte Eintrittskarten für das Mercedes-Benz-Museum – und zuletzt kann jeder das abendliche Laureus-Benefizspiel im Stadion (All Star Team der Premier League gegen All Star Team der Bundesliga) zu sehr vergünstigten Preisen auf der Tribüne anschauen.

Kritische Stimmen an der Basis

Was für Mutschler lauter Maßnahmen sind, „um die Versammlung attraktiver zu gestalten“, wird an der Fanbasis oft ganz anders gewertet. Nicht nur in Ultrakreisen heißt es, das seien Lockmittel, um Stimmen für Dietrich zu beschaffen und die Gefahr zu reduzieren, dass er bei der Wahl durchfällt. Sogar von Methoden wie in einer Bananenrepublik ist da die Rede – frei nach dem Motto: Leistung erwartet Gegenleistung. Das belegt, wie tief die Gräben in der VfB-Familie sind, die durch die Nominierung von Dietrich entstanden.

Mutschler hofft, dass am 9. Oktober trotzdem die inhaltlichen Diskussionen im Mittelpunkt stehen. „Wir wollen aus der Veranstaltung kein Kasperlestheater machen“, sagt er.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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