VfB-Sportvorstand Schindelmeiser

"Bessere Voraussetzungen für den Aufstieg"

Im großen Interview nach der Transferperiode erzählt VfB-Sportchef Schindelmeiser, warum er sich für Asano, Pavard und Mané entschieden hat, wer im Verein jetzt das Sagen hat und wie er den Transferirrsinn beurteilt. Außerdem: Warum er wohl bald ein ernstes Wörtchen mit Großkreutz redet.


Jan Schindelmeiser hat in den letzten Tagen alle Hände voll zu tun gehabt.

Herr Schindelmeiser, seit langem erntet ein VfB-Verantwortlicher von Seiten der Fans mal wieder Lob.
Schön, und wofür?

Ihre Transferaktivitäten stoßen auf allgemeine Anerkennung. So könnte es mit dem Aufstieg tatsächlich was werden, lautet der Tenor.
Ich freue mich über die Einschätzung. Wichtig ist aber, dass wir mit den Entscheidungen, die wir in den vergangenen Wochen getroffen haben, der Mannschaft insgesamt mehr Substanz zugeführt haben.

Das heißt, der Kader ist jetzt aufstiegstauglich – anders als Sie es noch vor einigen Wochen aufgefasst haben.
Ich würde es so formulieren: Wir haben jetzt deutlich bessere Voraussetzungen, um den Sprung in die erste Liga zu schaffen.

Haben Sie mit Takuma Asano, Benjamin Pavard und Carlos Mané Ihre Wunschspieler bekommen?
Für einen Zweitligisten ist es grundsätzlich schwieriger, Wunschspieler zu bekommen. Aber unter den gegebenen Voraussetzungen können wir sehr zufrieden sein. Die Drei verstärken uns auf den Positionen, wo wir den größten Bedarf gesehen haben.

Also in der Innenverteidigung, im Sturm und auf den Außenpositionen.
Gemeinsam waren wir der Ansicht, dass wir unser Aufbauspiel von hinten heraus verbessern müssen. Dass wir jemanden benötigen, der diese Qualitäten mitbringt. Deshalb haben wir uns für Benjamin Pavard entschieden.

Der, bei allem Talent, aber nicht über große Erfahrung verfügt – was für die anderen Innenverteidiger beim VfB gleichermaßen gilt.
Halb Europa ist auf der Suche nach diesem Spielertyp Innenverteidiger. Von allen, die sich in unserem Raster befanden, war Benjamin der Passendste. Dass er auf Grund seines jungen Alters noch nicht über maximale Erfahrung verfügt, ist uns bewusst, aber wir sind davon überzeugt, dass er sich durchsetzen kann. Der Blick muss schon auch in die Zukunft gerichtet sein.

Asano und Mané sind Leihspieler. Sind sie nach einem möglichen Aufstieg vielleicht schon wieder weg?
Die Leihgeschäfte mit den beiden Heimatvereinen Arsenal London (Asano) und Sporting Lissabon (Mané) sehen explizit diese Konstellation vor: Im ersten Jahr Spielpraxis in der zweiten Liga sammeln, im zweiten Jahr Erfahrung bei einem möglichen Aufstieg in die Bundesliga. Was anderes als ein Leihgeschäft wäre für uns bei diesen beiden Spielern gar nicht darstellbar gewesen. Hinter Asano waren viele Topclubs her, auch Mané war begehrt. Beide Transfers standen Spitz auf Knopf, und wir freuen uns schon sehr, dass sie jetzt für den VfB spielen. Wir dürfen aber auch Hans Sarpei nicht vergessen. Bei ihm bin ich großer Hoffnung, dass er uns viel Freude bereiten kann.

Bei Serge Gnabry sind Sie dagegen abgeblitzt.
Wir haben frühzeitig Kontakt aufgenommen und haben erfahren, dass er auf keinen Fall in die zweite Liga möchte. Damit war die Sache erledigt.

Sie betonen die Wir-Form. Gewähren Sie uns doch mal Einblicke, wer an der Kaderzusammenstellung in welcher Form beteiligt war. Zuletzt konnte man beim VfB ja ein wenig den Überblick verlieren.
Unsere Strukturen sind jetzt klar und transparent. Wir haben unsere Scouts. Erwin Hadewicz beispielsweise, Herbert Maronn und Markus Lösch, der das Ganze von hier aus koordiniert. Dazu Norman Bertsch, der ebenfalls viele Spieler beobachtet. Marc Kienle, dessen Rolle auch Scouting beinhaltet. Thomas Hitzlsperger ist durch sein Netzwerk wertvoll bei der Informationsgewinnung. Joachim Cast deckt weit mehr als den administrativen Part ab. Jan Räker ist Experte für die Vertragsgestaltung und Katja Schmidt für die Abwicklung. Sie alle haben einen hervorragenden Job gemacht.

Also kennt jetzt jeder seine Aufgabe und seine Zuständigkeiten?
Selbstverständlich. Ich war seit meinem Dienstantritt überwiegend mit der Planung des Kaders beschäftigt. Jetzt werde ich mir die Strukturen näher ansehen, dann werden wir entscheiden, wo wir uns noch verbessern müssen. Fakt ist, dass wir uns im Spieler-Recruitement professionalisieren müssen. Nur so haben wir eine Chance, den Rückstand zu den etablierten Vereinen in der Bundesliga aufzuholen.

Die Bundesliga ist auch finanziell gesehen sprichwörtlich eine andere Liga, die Premier League sowieso. Wird Ihnen nicht schwindlig angesichts der Summen, die jetzt wieder umgesetzt wurden?
Es ist ehrlich gesagt schon Wahnsinn. Und ein Ende nicht in Sicht. Aber das Schöne an dem Geschäft ist ja, dass man trotzdem mitspielen kann, ohne die großen Millionensummen zu investieren. Das ist beim VfB Stuttgart unser Anspruch. Unter anderem Junge, entwicklungsfähige Spieler nach vorne zu bringen und ihnen hier auch ein Stück Heimat bieten. Dazu wollen wir noch jemanden finden, der sich explizit um die Integration der Spieler kümmert.

Das zieht noch bei der jungen Generation?
Die jungen Spielern wollen in erster Linie spielen. Häufig bestimmen die Vereine die Politik. Bei Carlos Mané etwa bestand ein Interesse daran, dass er nach England verliehen wird. Aber er wollte das nicht.

Warum?
Weil er die Gefahr sieht, dort als einer von vielen unterzugehen.

Was hat sich in den sechs Jahren, in denen sie aus dem Geschäft nach Ihrem Abschied von 1899 Hoffenheim raus waren, alles verändert?
Vom Prinzip her wenig. Die Summen natürlich. Und noch mehr Berater, die mitmischen. Und die atemberaubende Geschwindigkeit des Internets sowie die sozialen Medien, die auf den Transfermarkt einen nicht unerheblichen Einfluss ausüben.

Kevin Großkreutz ist im Netz sehr aktiv, jüngst hat er sich mit seinem angeblichen Wechsel zu RB Leipzig wieder mal einen Spaß erlaubt. Wie lustig finden Sie das?
Kevin muss wissen, dass er mit seinen Postings immer auch den Verein repräsentiert. Wenn er die Interessen des Vereins verletzt, dann werden wir reagieren.

Was machen Sie mit dem Transferüberschuss von rund 30 Millionen Euro?
Es gibt keinen großen Überschuss. Wir haben unser Pulver im Sommer bewusst nicht auf einmal verschossen. Wir könnten auch im Winter noch investieren, was unser Plan aktuell nicht vorsieht. Letztlich müssen wir auch vorbereitet sein, falls es mit dem Aufstieg doch nicht klappen sollte. Dann muss es ja auch weitergehen.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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