Interview mit Ex-VfB-Profi Julian Schieber

„Ich mache die schmutzigen Tore“

Der frühere Stuttgarter Julian Schieber spricht über die Glücksgefühle nach seinem Siegtor für Hertha BSC gegen Freiburg und sein Verhältnis zu Vedad Ibisevic.


Julian Schieber wird gefeiert.

Hinter Julian Schieber (27) liegt eine lange Durststrecke. 553 Tage war der frühere Stürmer des VfB Stuttgart ohne Tor, ehe am Sonntag der Knoten platzte. In der Nachspielzeit erzielte er den 2:1-Siegtreffer für Hertha BSC gegen den SC Freiburg.

Herr Schieber, sind Sie jetzt endlich und endgültig in Berlin angekommen?
Nein, das bin ich schon längst. Das war ich schon, bevor ich mir im März 2015 meine schwere Knieverletzung zugezogen hatte. Damals war ich Stammspieler und auf dem besten Weg meinen Torrekord einzustellen. Leider kam dann eine lange Zwangspause.

Wie schwer war es, nach Ihren vielen Verletzungen in der Vergangenheit nicht den Mut zu verlieren und sich immer wieder heranzukämpfen?
Sehr schwer. Zumal es bei einer Knorpelverletzung keinen klaren Zeitplan gibt. Man muss immer wieder schauen, ob alles stabil bleibt. Und was noch wichtiger ist: Man muss bei einem sensiblen Gelenk wie dem Knie wieder ein Gefühl der Sicherheit bekommen. Das dauert.

Hatten Sie gelegentlich auch schon Selbstzweifel, ob Sie es noch einmal schaffen?
Die hätte bei solch einer Verletzung wohl jeder. Aber das waren immer nur kurze Momente. Der Wille, es zu schaffen, war deutlich größer als die Selbstzweifel.

Dieser Wille war auch bei Ihrem immens wichtigen Tor zu sehen.
Der Schiedsrichter hat nach dem 1:1 in der 92. Minute zu uns gesagt: noch vier Minuten. Das war für uns alle noch einmal das Zeichen, alles nach vorne zu werfen. Das war der Wille von uns allen. Und so hat es dann auch ausgesehen. Ich bin nicht bekannt für schöne Tore, ich mache die schmutzigen. Aber wenn Sie wichtig sind, dann passt das schon. Es fühlt sich zumindest genauso toll an.

Was für ein Gefühl war das für sie nach dem Schlusspfiff am Sonntag?
Zuerst einmal war ich total erleichtert. Weil wir diesen Sieg verdient hatten, aber ihn beinahe noch aus der Hand gegeben hätten. Es war wohl das beste Gefühl, das man als Fußballer haben kann. Siegtreffer in der Nachspielzeit. Vor der Ostkurve. Erstes Tor nach einer langen Verletzungspause. Erster Bundesliga-Sieg nach fast einem halben Jahr. Und das alles als Start in die Saison.

Und jetzt wollen Sie sich einen Stammplatz erkämpfen – trotz eines Konkurrenten wie Vedad Ibisevic?
Ich stelle mich jetzt nach einem Tor nicht hin und fordere einen Stammplatz. Mal ganz davon abgesehen muss es auch nicht Ibisevic oder Schieber heißen. Wir können auch zusammen spielen.

Wie ist Ihr Verhältnis zu Ibisevic?
Sehr gut. Vedad ist ein netter Kollege, ein super Stürmer – und er wird auch ein guter Kapitän sein, da bin ich mir sicher.

Schön ist auf jeden Fall, dass Sie sich mit dem Assistenztrainer Rainer Widmayer auf Schwäbisch unterhalten können. Hat er Ihnen auch während Ihrer schwierigen Phase geholfen?
Klar, hat er. Rainer kennt mich schon lange. Er weiß, wie er mich anpacken muss. Ich bin froh, dass wir zusammenarbeiten können. Er ist auch sonst ein ganz wichtiger Mann bei uns – und er ergänzt sich sehr gut mit Pal Dardai.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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