William Kvist

Rolle rückwärts ins Aus?


Wo ist oben, wo ist unten? Die Karriere von William Kvist ist in Turbulenzen geraten – Fans und Verein sehen den defensiven Mittelfeldspieler des VfB Stuttgart zunehmend kritisch

In seiner ersten Saison beim VfB Stuttgart hat sich William Kvist als Stabilisator im Mittelfeld bewährt. Jetzt läuft die zweite Saison, und der Däne steckt in schweren Turbulenzen. Ob und wie es im Sommer weitergeht, ist offen.

Für einen Spieler, dessen angeschlagener Körper eigentlich Schonung benötigt, hat William Kvist in der jüngsten Länderspielpause ein strammes Reiseprogramm bewältigt. Stuttgart, Marbella, Stuttgart, Kopenhagen, Stuttgart in wenigen Tagen. Die WM-Qualifikationsspiele der dänischen Nationalmannschaft gegen Tschechien und Bulgarien ließ er zwar aus, doch Kvist weiß: „Ich muss aufpassen. Zu viel Belastung tut meinem Fuß nicht gut.“

Der Fuß, den er meint, bremst ihn seit Mitte Dezember aus, mal mehr, mal weniger. Schon damals stoppte ihn eine Überlastungsreaktion im linken Mittelfußknochen. Kvist (28) verpasste die komplette Winter-Vorbereitung und startete mit Rückstand und Verspätung in die Rückrunde. Seither läuft er seiner Form hinterher. Vor drei Wochen spürte er wieder eine Überlastungsreaktion. Im gleichen Fuß, aber an anderer Stelle. Nach dem Sieg in Frankfurt setzte Kvist zwei Wochen mit dem Training aus, zog sich in den Kraftraum zurück, drosselte die Belastung. Das irritiert ihn, die VfB-Ärzte auch. „Weil es schon das zweite Mal ist, müssen wir rausfinden, was los ist“, sagt er.

Kvist ist seit Monaten nicht in Form

Die Welt des William Kvist ist gehörig aus den Fugen geraten. Nicht nur wegen seiner Verletzungen. Der Däne, der 2011 für 3,5 Millionen Euro vom FC Kopenhagen gekommen war und einen Vertrag bis 2015 hat, ist seit Monaten außer Form, verunsichert und ein Schatten seiner selbst. Dabei müsste er sich gerade jetzt bewähren. Vor den Augen der Fans, die seine Fehl- und noch mehr seine Rückpässe leid sind und sie mit Pfiffen quittieren. Und vor den Augen von Trainer Bruno Labbadia und Fredi Bobic. „William lebt von seiner Fitness. Wenn die zurückkommt, sehe ich ihn nicht negativ“, sagt der Manager. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Intern mehren sich die Zweifel, ob Kvist tatsächlich die Klasse und das Vermögen hat, den VfB national und international in höhere Regionen zu führen – als Stabilisator im Mittelfeld, als Absicherung vor der Abwehr und als Taktgeber in der Offensive. Dass er das kann, hat er ja schon gezeigt. Die erhoffte Steigerung ist indes ausgeblieben. Kvist fehlen Athletik, Schnelligkeit und Dynamik, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Und so müsste sich William Kvist nicht wundern, wenn im Sommer ein neuer Sechser kommt, der ihm den Arbeitsplatz raubt.

William Kvist spielt also um seine Zukunft beim VfB – wenn er denn spielt. „Ich habe diese Woche voll trainiert, ich bin bereit“, sagt er vor der Partie bei Hannover 96 an diesem Sonntag (17.30 Uhr/Sky, Liga total). Ob Bruno Labbadia ihn ranlässt, ist eher fraglich. Am Donnerstag nahm er nach dem Training Christian Gentner und Arthur Boka zum intensiven Gespräch zur Seite. Die beiden hatten zuletzt gegen Dortmund als Doppel-Sechs überzeugt.

Kvist zog sich an Boka hoch

Zuvor, in Frankfurt, hatte Kvist an der Seite von Boka gespielt, in verkehrten Rollen: Der Ivorer, gänzlich unerfahren auf dieser Position, müsste eigentlich vom Routinier Kvist profitieren, sollte man meinen. Es war aber umgekehrt: Kvist zog sich an Boka hoch. „Spieler wie Christian Gentner, Raphael Holzhauser, Tamas Hajnal und Alexandru Maxim drängen nach vorn. Boka dagegen denkt eher defensiv, das finde ich gut. Mit ihm stehen wir kompakter, und wir beide können uns gegenseitig Sicherheit vermitteln“, sagt Kvist. Allerdings hat er da wohl etwas falsch verstanden. Auf die Frage, ob er sich an Boka aufrichten könne, entgegnet Co-Trainer Eddy Sözer: „Das muss von ihm selbst kommen. Er muss Stabilität und Konzentration einbringen.“ Ein Führungsspieler muss das können. Kvist kann es zurzeit nicht.

Und sein Image als Buhmann der Fans wird er vermutlich auch nicht so schnell los. „Ich kenne das Geschäft. Die Pfiffe sind nicht schön, aber sie sind für mich auch kein Problem“, sagt er. Und was, wenn er demnächst wieder der Meinung ist, ein Pass in die Tiefe berge ein zu hohes Risiko? „Wenn ich das nächste Mal wieder einen Rückpass für richtig halte, dann spiele ich ihn“, sagt Kvist trotzig, „denn ich will nicht in Konter laufen, sondern die Spiele gewinnen.“

Das wollen die Fans, das will der VfB auch. Nur über die Art und Weise, wie William Kvist seine Arbeit verrichtet, gehen die Ansichten zunehmend auseinander.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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