Serey Dié

Einsatz und Wille

Serey Dié verkörpert Einsatzbereitschaft und Willenskraft – im Spiel wie im Training. Ein Portrait des VfB Winterneuzugangs.



Als hätte der junge Serey Dié Mahatma Gandhi zugehört. „Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft, vielmehr aus unbeugsamen Willen“, hat der indische Revolutionär einmal gesagt. Jedenfalls ist es in die Gegenwart so überliefert. Als der VfB Winterneuzugang in den Achtzigern auf den Straßen der ivorischen Hauptstadt Abidjan aufwuchs, war das mit dem Wachsen so ein Problem. Er war in der Regel stets der Kleinste, durfte deshalb oft nicht mit den anderen Buben kicken – und wenn doch, dann sollte er ins Tor.

War Serey Dié dann aber doch mal als Feldspieler im Einsatz, dann musste er besser sein als die anderen, um wieder mitspielen zu dürfen, um aufzufallen, herauszuragen – beim Straßenfußball in Abidjan und auch im nationalen Ausbildungszentrum der Elfenbeinküste. Schließlich wollte er schon immer Fußballprofi werden, und dafür war es unumgänglich, aus der Masse herauszuragen. Da er dies größentechnisch nicht tat, war von ihm umso mehr Einsatz, ein umso größerer Wille gefragt. Einsatz und Wille, zwei Begriffe, die nicht nur in dem Wort Einsatzwillen, sondern auch in der Person von Serey Dié zusammenfinden.

„Das Publikum vergöttert ihn für seinen unbändigen Einsatzwillen“, schrieb die Aargauer Zeitung einmal über den Fußballspieler aus der Elfenbeinküste, und das Schweizer Fußballmagazin „zwölf“ konstatierte in Bezug auf die Zeit des Ivorers beim FC Sion: „Der Puncher, der in jedem Spiel lief und grätschte, als sei es sein letztes.“ Zu dieser Zeit hatte sich Serey Dié bereits seinen Kindheitstraum erfüllt, doch auf diesem Weg war von dem Sechser nicht nur in Bezug auf seine Körpergröße besonderer Einsatzwille gefragt.

Terrier, Kämpfer, Krieger

Sein Vater wollte, dass er studiert oder etwas „Vernünftiges“ erlernt. Schließlich benötigte die Familie Geld, Serey Dié sollte unterstützen. Die Meinungsverschiedenheit mit seinem Papa bezeichnete er selbst einmal als „Krieg“. Schon dieses Wort zeigt die Grundeinstellung des Familienvaters, der in den verschiedensten Lebenslagen zu kämpfen bereit ist. Vornehmlich natürlich auf dem Fußballplatz.

Als er 2007 dem algerischen Club ES Setif angeboten wurde, hieß es abermals, dass sie keinen kleinen Spieler wollten. Dennoch durfte Serey Dié vorspielen, zerriss sich förmlich, bekam einen Vertrag, wurde Stammkraft und gewann letztlich die arabische Champions League 2008. Ein Grund zum Durchschnaufen? Nicht für den Ivorer! Sein Wille sagte ihm: du hast keine berufliche Ausbildung, musst weiter vollen Einsatz zeigen, um nach Europa zu kommen.

„Durch den Willensakt unterscheidet sich Handeln vom […] Reagieren.“ Dieser Satz steht im Lexikon der Psychologie (Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH) unter dem Punkt „Wille“, und er passt ganz gut zu Serey Dié. Denn dieser wartete in seiner Karriere nicht auf einen Glücksfall, er handelte, er zeigte Einsatz, forderte diesen immer wieder von sich selbst – und kam schließlich nach Europa.

Beim Schweizer Erstligisten FC Sion spielte er von 2008 bis 2012, gewann zweimal den Pokal und musste sich nach einem frühen Platzverweis im März 2010 bei den Grashoppers aus Zürich gegen Vorwürfe des eigenen Präsidenten wehren. Also fernab des grünen Rasens Einsatz zeigen. Groll gegen den Vereinsboss hegte er nach eigener Aussage aber nicht. Vielmehr sah er dies als eine Prüfung von Gott, wie er es schon vor seiner Zeit beim VfB sehr konkret in einem Interview mit dem Magazin „zwölf“ formulierte: „Zuerst kommt Gott, dann die Familie, dann der Fußball. Gott leitet mich. Ich bin wie ich bin. Ich habe Fehler, mache Dummheiten, aber Gott liebt mich. Das ist wunderbar.“

Ein Hundertprozentprofi

Serey Dié kämpfte trotz dieses Angriffs vom Präsidenten weiter, wechselte im Januar 2013 zum FC Basel und wurde dort zweimal hintereinander Schweizer Meister. Er war beim FCB der Publikumsliebling, grätschte, ackerte – und stritt sich mit dem Trainer. Es folgten die Suspendierung und schließlich der Abschied aus der Schweiz. „Terrier wurde er wegen der rustikalen, aufopfernden Spielart genannt, Kämpfer und manchmal gar Krieger. Was viele übersahen: Er konnte schöne Pässe spielen, gute Flanken schlagen. Auf eine sehr eigene Art war er auch ein Künstler“, schrieb die Neue Zürcher Zeitung zum Abgang des 30-Jährigen. Dieser Kämpfer hatte in der Zwischenzeit den Afrika-Cup gewonnen, auf dem Weg dorthin nicht nur im Endspiel gegen Ghana beeindruckenden Einsatzwillen gezeigt, im Elfmeterschießen dieses Finales zum 8:8 als letzter Feldspieler ausgeglichen und sich dann über den 9:8-Sieg riesig gefreut.

Quelle: vfb.de


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