Luhukay-Rücktritt beim VfB Stuttgart

Zwei unterschiedliche Welten

Dass Trainer Jos Luhukay nach wenigen Wochen das Handtuch warf, überrascht nur auf den ersten Blick. Denn beim VfB Stuttgart ging es um mehr als um einen Hahnenkampf mit dem Sportdirektor.



Für 13 Uhr war am Donnerstag die Spieltags-Pressekonferenz des VfB Stuttgart angekündigt. Doch zu diesem Zeitpunkt wussten die etwa 25 Journalisten längst, dass der Mann, der eigentlich ein paar Worte zum Spiel gegen Kaiserslautern sagen sollte, da schon nicht mehr Angestellter des VfB war. Jos Luhukay war nach nur vier Zweitligaspielen am Morgen zurückgetreten.

Eineinhalb Stunden später war es Sportdirektor Jan Schindelmeiser, der all die Fragen beantwortete, die sich ergeben, wenn ein Trainer nach wenigen Wochen freiwillig geht, der doch eigentlich nicht nur den sofortigen Wiederaufstieg schaffen sollte, sondern als Mann für die kommende Epoche angekündigt worden war. Schindelmeiser war dafür auch genau der Richtige, denn zuletzt waren er und der Trainer so deutlich auf Konfrontationskurs, dass sich zumindest Luhukay keine große Mühe mehr gab, seinen Streit mit dem Sportdirektor gegenüber der Öffentlichkeit zu verbergen.

Luhukay verlangt keine Abfindung

Dabei spricht es durchaus für den prinzipienfesten Niederländer, dass er lieber auf eine Abfindung verzichtet als den Konflikt so lange eskalieren zu lassen, bis es zu einem formellen Rauswurf kommt. Selbst der Sportdirektor, der nicht so klang, als wollte er Luhukay in diesem Leben noch einmal begegnen, lobte den Coach als "in seiner Art geraden Charakter", der sich als team- und kommunikationsunfähig erwiesen habe.

Dass er "wenn ich ehrlich sein soll, vom ersten Gespräch an" gespürt habe, dass die Zusammenarbeit kaum gelingen könne, sagte der langjährige Hoffenheim-Manager, der sich zuweilen erkennbar auf die Zunge biss, um nicht noch mehr ins Detail zu gehen. "Alleine kann man keinen Erfolg haben", betonte Schindelmeiser, der zuletzt mehrfach Grund hatte, sich von Luhukay gedemütigt zu fühlen. In einem Business, in dem gerne über Konzepte gesprochen wird, spielen Hahnenkämpfe keine kleine Rolle. Als Aufsichtstrat Wilfried Porth am Mittwoch dem Trainer öffentlich empfahl, "sich auf das zu konzentrieren, wofür wir ihn geholt haben", wusste Luhukay, dass er diesen Hahnenkampf verloren hatte.

Allerdings reicht der Konflikt zwischen den beiden Stuttgarter Alphatieren tiefer als persönliche Animositäten. Denn der Weg, für den Schindelmeiser steht, ist unvereinbar mit den Vorstellungen eines Trainers wie Luhukay. Das gilt für Stilfragen - Luhukay war schon in Augsburg und Berlin kein Freund flacher Hierarchien. Das gilt vor allem aber für die konzeptionelle Ausrichtung.

Luhukay ist ein Trainer, der den maximalen Erfolg in möglichst kurzer Zeit anstrebt. Er ist kein Trainer wie der Mainzer Martin Schmidt, die Schritt für Schritt eine Mannschaft entwickeln, die im Idealfall schon kurzfristig erfolgreich sein kann, deren Arbeit aber auf Jahre hinaus ausgerichtet ist. Die Transfers von Takuma Asano (Arsenal), Benjamin Pavard (Lille) und Carlos Mané (Sporting) hat Schindelmeiser zum Abschluss gebracht, obwohl Luhukay sie nicht wollte - so etwas gefällt keinem Trainer. "Er hat uns drei Tage vor dem Ende der Transferperiode gesagt, dass er die Spieler doch nicht haben möchte", erläuterte Schindelmeiser. "Ich habe gesagt, dass wir sie trotzdem verpflichten, weil wir sie brauchen."

Der Niederländer passt nicht zum VfB

Luhukay schwebten anderer Spielertypen vor, ältere, erfahrenere, nach Möglichkeit deutsch sprechende. Solche also, die im Zweitligaalltag weiterhelfen, ohne damit zwangsläufig in zwei Jahren noch wertvoll zu sein. Damit passte Luhukay letztlich nicht zum VfB, der seinen Fans ja die Rückkehr zu den eigenen Wurzeln versprochen hatte.

Schließlich waren die Schwaben jahrzehntelang für ihre vorbildliche Nachwuchsarbeit bekannt, ehe man nach der Meisterschaft 2007 eine vogelwilde Transferpolitik betrieb, unzählige Trainer und Sportdirektoren verschliss und es zuließ, dass andere Vereine die Früchte der eigenen Nachwuchsarbeit ernteten. Darauf, dass so etwas nicht mehr passiert, wird der nächste Trainer genauso achten müssen wie darauf, dass der sofortige Wiederaufstieg gelingt. Auch das dürfte Schindelmeiser gemeint haben, als er sagte, die Situation nach dem Luhukay-Weggang sei "eine Chance für uns, absolut..."

Quelle: Spiegel.de


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