2. Liga

VfB nur auf Kurzbesuch an der Spitze

Fast eine Stunde lang war der VfB Stuttgart am Sonntag Tabellenführer, dann gaben die Roten unnötig die Spielkontrolle aus der Hand. Warum der VfB aber auch mit Platz zwei leben kann.


Treffsicher: VfB-Stürmer Simon Terodde erzielt das 1:0 bei Union Berlin.

Lässt man einmal den Umstand beiseite, dass Fußballspiele von Aktivenmannschaften nicht nach 60 Minuten abgepfiffen werden, dann war es ein ganz netter Nachmittag für den VfB Stuttgart am Sonntag in Berlin. 1:0 führte der Bundesligaabsteiger durch Simon Terodde (3. Minute) beim 1. FC Union, es hatte nach der Pause Chancen zum 2:0 gegeben, doch auch so reichte das Ergebnis für die Tabellenführung nach dem 13. Spieltag. In der 60. Minute jedenfalls hatte auch Simon Terodde noch das recht sichere Gefühl, „dass wir die drei Punkte entführen können“. Doch dann wurde eben nicht ab-, sondern ein irgendwie anderes Spiel angepfiffen.

Den Startschuss dafür gaben allerdings nicht die Gastgeber, die in ihrer Heimstätte, der Alten Försterei, als extrem unangenehmer Kontrahent gelten. Das Team von Ex-VfB-Coach Jens Keller war bis dahin eher wenig zum Zug gekommen, weil die Stuttgarter durch frühe Attacken und viel Spielkontrolle kaum eine Möglichkeit zugelassen hatten.

Langeraks Fehler ermöglicht den Berliner Ausgleich

Der VfB leitete den Umschwung im Spiel höchstselbst ein – in Person von Torhüter Mitch Langerak. Der Australier, bislang eine der Stützen in dieser Saison, wollte eine sehr hoch geratene Flanke der Berliner aus dem Strafraum fausten. Er hätte das nicht tun müssen, da Marcin Kaminski auch per Kopf zur Stelle gewesen wäre. Den Polen allerdings „habe ich erst im letzten Moment gesehen“, versicherte Langerak. Also prallte er mit dem Mitspieler zusammen und faustete den Ball Steven Skrzybksi vor die Füße. Der Berliner zog ab, Langerak („Das ist schade, aber das passiert“) und Timo Baumgartl kamen nicht mehr entscheidend an den Ball – und die Berliner hatten nicht nur den bis dahin glücklichen Ausgleich erzielt, sondern waren auch wieder mittendrin im Spiel. „Das haben wir ihnen durch unseren Fehler ermöglicht“, ärgerte sich Christian Gentner – und nahm diesen Lapsus als Anlass zu folgender Einschätzung: „Wir sind nicht die Übermannschaft der zweiten Liga.“

Die Erkenntnis ist nicht neu, dass sie der VfB immer wieder bestätigt, scheint dennoch unnötig. Mit der starken Leistung der ersten Stunde am Sonntagnachmittag hätten die Roten jedenfalls auch klare Verhältnisse darstellen – und eben Tabellenführer werden können. Allein der Umstand, dass der VfB hinter Eintracht Braunschweig nun doch Zweiter geblieben ist, treibt den Beteiligten allerdings keine Zornesfalten auf die Stirn. „Die Tabellenführung ist sowieso nicht so sehr mein Thema gewesen“, sagte Hannes Wolf und mahnte: „Im Moment auf die Tabelle zu schauen macht keinen Sinn.“ Der Trainer schaut lieber auf die Entwicklung seiner Mannschaft. Und die sehe er, versicherte der frühere Dortmunder. Am Sonntag in Berlin erweiterte er das Repertoire seines Teams um eine Dreierkette in der Abwehr mit Benjamin Pavard, Timo Baumgartl und Marcin Kaminski.

Schindelmeiser vermisst noch immer Konstanz im Spiel

Die stand lange sehr sicher, dazu zeigte die VfB-Mannschaft ein hohes Maß an Aktivität, gewann die entscheidenden Zweikämpfe, erspielte sich nach der Führung aber zu wenig klare Chancen. Als nach dem Ausgleich Union Berlin so richtig ins Spiel gefunden hatte, wurde es aber auch immer wieder brenzlig vor dem Stuttgarter Tor. „Da hätte das Spiel kippen können“, gab Gentner zu.

„Es gelingt uns noch nicht, 90 Minuten lang souverän zu spielen“, analysierte erneut VfB-Sportvorstand Jan Schindelmeiser. Mit der Ausgangslage nach 13 Spielen können sie beim Bundesligaabsteiger dennoch ganz gut leben – auch wenn eine noch bessere immer mal wieder etwas leichtfertig verschenkt worden ist.

Zufrieden mit Zwei-Punkte-Schnitt

26 Punkte nach 13 Spielen, „das macht im Schnitt zwei Punkte pro Spiel“, rechnete Torschütze Terodde vor und wagte die Prognose, dass eine entsprechende Hochrechnung zum Aufstieg reichen würde: „Das ist der Schnitt, den wir am Ende haben müssen.“ Bis Weihnachten hat der VfB nun noch reichlich Gelegenheiten, seine Position zu festigen und auszubauen.

In einer Woche (Montag, 20.15 Uhr) kommt der 1. FC Nürnberg nach Stuttgart, danach geht es nach Aue, dann gegen Mitabsteiger Hannover 96. Zum Ende der Vorrunde steht noch das Duell bei den Würzburger Kickers an. Spielt der VfB seine Möglichkeiten aus, geht er mit einer guten Basis in die Winterpause. Erst recht, wenn er seine Fehler minimiert.

Quelle: Stuttgarter Zeitung


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