Bundesliga

VfB wehrt sich gegen das Rüpel-Image


Hart, aber fair, lautet für den VfB das Motto

Zimperlich sind seine Spieler alle nicht. Das ist gut so, findet Bruno Labbadia. Dass andere damit weniger gut klarkommen? Da hebt der Trainer des VfB Stuttgart nur die Schultern. „Ich will Spiele gewinnen“, sagt er – und nicht den Friedensnobelpreis.

Vom Länderspiel gegen Jordanien kam Shinji Okazaki mit einem angerissenen Band im Knöchel zurück, das seinen Einsatz gegen Borussia Dortmund am vergangenen Samstag verhinderte. Umso überraschter war Bruno Labbadia, als der Japaner diese Woche auf ihn zukam und seinem Trainer eröffnete: „Ich hätte gegen Dortmund spielen können.“ Da war Labbadia erst mal baff. „Vergiss es“, sagte er dann und formte mit beiden Händen einen Kreis von der Größe eines Fußballs, „dein Knöchel war doch so dick angeschwollen.“ Allenfalls 20 Minuten lang hätte Okazaki spielen können, „weil so lange sein Tapeverband gehalten hätte“, schätzte Labbadia, dankte dem kleinen Flügelflitzer aber dennoch für seine selbstlose Haltung: „Shinji ist ein Krieger.“

Marcel Schmelzer trug einen Nasenbeinbruch davon

Das war nicht wörtlich und gewiss ohne finstere Nebengedanken gemeint – das muss man im Nachhall der intensiv geführten und von allerlei Aufgeregtheiten umgarnten Partie gegen Dortmund ausdrücklich erwähnen. Nach der 1:2-Niederlage musste sich der VfB ja vielstimmig dafür rechtfertigen, dass er es gewagt hatte, dem Kontrahenten mit allen erlaubten Mitteln Paroli zu bieten. Jürgen Klopp war nicht der einzige Dortmunder, der dem VfB ein Rüpel-Image verpasste, aber der lauteste. „Meine Spieler haben Beulen am Kopf, Risswunden am Fuß und Prellungen an den Rippen“, lamentierte der Trainer. Marcel Schmelzer trug einen Nasenbeinbruch davon, auf der Gegenseite sah Georg Niedermeier die Gelb-Rote Karte, beidseitig flogen Giftpfeile.

Die Diskussion führten seither andere weiter, beim VfB sei die Bewertung der angeblich überharten Gangart intern kein Thema mehr gewesen, erklärte Bruno Labbadia: „Ich muss ja nur etwas thematisieren, was wirklich so war.“ Zumindest blieb diese Debatte bis zum Freitag außen vor, dann kehrte sie durch die Hintertür zurück ins Clubheim, wo der Trainer über das anstehende Bundesligaspiel bei Hannover 96 an diesem Sonntag (17.30 Uhr/Sky und Liga total) referierte und behauptete, zu diesem Thema sei „jedes weitere Wort zu viel“. Dafür fand er dann aber doch überraschend viele Worte, die alle in die Frage mündeten: „Ja, sollen wir vielleicht so spielen wie der Hamburger SV in München?“ Die Hanseaten waren vergangenen Samstag wie eine karibische Limbo-Gruppe durch die Arena des designierten deutschen Meisters getänzelt und hatten das größte Augenmerk darauf gelegt, ohne Gelbe Karte zu bleiben – was prompt gelang. Allerdings hatten sie neun Eier ins österliche Nest gelegt bekommen, die keinem so recht schmecken wollten.

Hart, aber fair, lautet für den VfB das Motto

Damit ist Labbadias Frage bereits beantwortet. Nein, der VfB hat keineswegs vor, in Hannover dem HSV nachzueifern. Und ja, der VfB wird sich und seiner Spielweise gegen Dortmund treu bleiben. „Unfair ist anders“, sagte der Trainer, nachdem er sich die Begegnung per Video noch einmal angeschaut hatte, „es war ein unglaublich attraktives Spiel, das hinterher auf ein Niveau gebracht wurde, das mit Fußball nicht mehr viel zu tun hatte.“ Sein Appell: „Leute, lasst die Kirche doch bitte im Dorf.“

Hart, aber fair, lautet für den VfB das Motto. Auch wenn in Vedad Ibisevic, Christian Gentner, Arthur Boka, Gotoku Sakai und Ibrahima Traoré gleich fünf Spieler im Falle einer weiteren Verwarnung für ein Spiel gesperrt wären, fordert Labbadia „eine gewisse Konsequenz in unseren Aktionen“ – wie gegen Dortmund und zuvor in Frankfurt: „An diese Spiele müssen wir anknüpfen.“

Viel zu lange habe der VfB aufgrund seiner vielen Spiele und seiner personellen Zwänge ökonomisch spielen müssen. Das Wort „ökonomisch“ spricht Labbadia dabei so aus, als sei er angewidert, und das kommt der Wahrheit auch ziemlich nahe. „Ökonomisch zu spielen, das entspricht nicht meiner Vorstellung“, sagt er, „die geht schon dahin, dass wir Pressing spielen und den Gegner immer wieder unter Druck setzen. Und wenn zwei Mannschaften aufeinandertreffen, die Pressing spielen, gehört auch eine gewisse Härte wie gegen Dortmund dazu.“

Und nach Labbadias Geschmack auch ein Schiedsrichter wie Deniz Aytekin, der im Spiel gegen den BVB nicht jede harte Aktion abgepfiffen hatte. Da kann sich Labbadia einen Seitenhieb nicht verkneifen. „Das habe ich mir auch selber auf die Fahne geschrieben, dass ich während des Spiels nicht bei jeder Sache aufspringe, wenn mal meine Spieler gelegt werden.“ Er sagte das mit freundlichen Grüßen nach Dortmund. Jürgen Klopp wird wissen, wen er gemeint hat.

Quelle: Stuttgarter Nachrichten


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