Bundesliga

Der VfB-Weg ist mühsam – und ellenlang


Mag gar nicht mehr hinschauen: Maskottchen Fritzle

Gastspiele von anderen Bundesligateams in Stuttgart bieten für Fredi Bobic auch immer eine nette Gelegenheit zum Meinungsaustausch mit dem Kollegen von anderswo. Noch netter wird es, wenn man sich dabei Bestätigung abholen kann. Am Freitag plauderte der Sportvorstand des VfB mit dem Manager-Kollegen Max Eberl von Borussia Mönchengladbach – und der soll dann auch Bobics Meinung bestätigt haben. Die besagt: Den VfB und die Borussia kann man nicht vergleichen.

Die Gladbacher, findet Bobic, hätten in den vergangenen Jahren die Möglichkeit ­gehabt zu wachsen und mit einem Trainer langfristig etwas zu entwickeln. Der VfB dagegen habe den Weg der Konsolidierung einschlagen müssen. Den eigentlich gemeinsamen Nullpunkt der Clubs, den Kampf gegen den Abstieg 2010/11, verlegte der Sportchef der Roten für seinen Verein einfach nach vorn. Auf den Beginn dieser Runde. Oder noch besser: auf den Zeitpunkt des Trainerwechsels von Bruno Labbadia zu Thomas Schneider. „Jetzt sind wir auch wieder in einer Situation, in der wir wachsen und etwas entwickeln wollen“, sagte Bobic am Freitag, nachdem sein Team 0:2 gegen die Borussia verloren hatte.

Der Satz des Sportvorstands war Teil eines Spiels, das die Verantwortlichen des VfB derzeit Woche für Woche spielen. Es ist das Spiel auf Zeit, gepaart mit der Bitte um Geduld und der Versicherung: Das wird schon. „Entwicklung braucht Kontinuität“, sagte dazu Thomas Schneider, der Cheftrainer. Und Bobic versicherte: „Wir sind auf einem guten Weg. Wir haben aber immer gesagt, dass es ein weiter Weg ist.“ Die Frage ist nur: Warum eigentlich? Und: Ist die Entwicklung tatsächlich so gut, wie Bobic dem Umfeld weismachen will?

Mit 16 Punkten dümpelt der VfB im Mittelmaß der Liga

Klar ist jedenfalls: Die Ergebnisse spiegeln einen solchen Trend längst nicht wider. Nach einem furiosen Beginn unter Schneider (6:2 gegen Hoffenheim) klappte es seitdem nicht mehr mit einem Heimsieg. Mit 16 Punkten dümpelt der VfB im Mittelmaß der Liga, Gedanken an das internationale Geschäft verbieten sich, und der breite Kader bietet bei einem zu spielenden Wettbewerb doch kaum einen Vorteil – am Freitag fehlte einigen Akteuren tatsächlich die Frische. Dazu kommt: Eine Niederlage wie gegen die starken Gladbacher wäre ja zu verkraften, wenn jeder Fan am Ende behaupten könnte, er habe hinter dem Gekicke der Roten immerhin die Spielidee glasklar erkannt. Am Freitag jedoch gingen die meisten Stadionbesucher mal wieder ratlos und enttäuscht nach Hause. Bei Schneiders Team nämlich wechseln sich lichte Momente (3:1 in Freiburg) mit dem Schattendasein (am Ende chancenlos gegen Gladbach) munter ab. Nachhaltig voran kommt der VfB so nicht.

Dabei benötigt das Team dringend diese Erfolgserlebnisse – nicht nur, um den Blick auf die Tabelle erfreulicher zu gestalten. Sondern auch, um die propagierte Entwicklung nach innen und außen glaubhaft zu ­dokumentieren. Max Eberl, der Borussia-Sportdirektor, sagte zu diesem Thema: „Du brauchst eine klare Strategie, diese muss durch Erfolge aber auch untermauert werden.“ Soll heißen: Die Geschichte von Trainer Lucien Favre und seiner klasse Entwicklungsarbeit mit dem Team ist nur dann eine schöne, wenn sich auch der Erfolg zügig einstellt. Nach der Rettung vor dem Abstieg führte der Schweizer die Gladbacher in der folgenden Saison auf Platz vier – wo sie nun wieder stehen.

Den Vergleich mit der Borussia will Bobic nicht ziehen

Wie erwähnt: Den Vergleich mit der Borussia will Bobic nicht ziehen. Dafür taten dies am Freitag so ziemlich alle anderen. Die Spielweise des Gegners galt den VfB-Profis als Zukunftsvision. „Wie sie den Ball laufen lassen, wie sie defensiv stehen – unser Ziel ist, dass wir auch dahin kommen“, sagte ­etwa Torhüter Sven Ulreich. Und Kapitän Christian Gentner erklärte: „Gladbach hat eine Mannschaft, die schon weiter ist. Wir sind noch in der Entwicklungsphase.“ Die, so könnte man fast meinen, nach dem Trainerwechsel auf dem taktischen Nullpunkt neu begonnen hat.

„Ballsicher, dominant, mutig und lauffreudig“ will Schneider sein Team unter anderem sehen. Ähnliche Worte benutzte auch Labbadia einst, Gentner jedoch versichert: „Die Spielidee ist eine andere, es sind andere Ideen, andere Ansätze.“ Und genau deswegen benötige die Fortentwicklung ja auch ihre Zeit. „Wir kommen irgendwann auch dahin, dominanter zu agieren“, sagt Gentner, räumt aber ein: „Wie lange das dauern wird, kann ich nicht sagen.“ Auf gut Deutsch bedeutet dies: Das Geduldsspiel wird ein ­langes, der Weg des VfB ist steinig, das Ziel zwar bekannt, aber noch lange nicht in Sicht. Dass es womöglich mit diesem Kader unerreichbar ist, bestreiten alle Beteiligten vehement. „Von der Qualität her ist es machbar“, versichert Gentner. Und Schneider ergänzt: „Ich bin zuversichtlich, dass wir die Mannschaft dahin führen, dass sie so spielt, wie Gladbach es gegen uns getan hat. Wir haben es ja schon gezeigt.“

Weil das aber viel zu selten der Fall war, wird es höchste Zeit, auf das Punktekonto regelmäßiger einzuzahlen. Am Samstag (18.30 Uhr) geht es zum FC Schalke 04. „Wir können dort gewinnen“, sagt Bobic und fügt fast trotzig hinzu: „Ich bin weit davon entfernt, etwas infrage zu stellen.“ Sein Amtskollege hat ihn darin vermutlich bestärkt.

Quelle Stuttgarter Nachrichten


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