Gentner:

„Ich werde keinen Ärger machen“

Christian Gentner ist VfB-Kapitän, muss aber um seinen Platz im Team kämpfen. In unserem Interview äußert er sich erstmals ausführlich zu seiner Position. „Mein Ehrgeiz ist noch groß“, sagt der 32-Jährige, der sich mit einer Reservistenrolle nicht abgeben will.

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Christian Gentner muss um seinen Platz kämpfen

Seit 2010 ist Christian Gentner ein Fixpunkt beim VfB Stuttgart, nach wie vor ist er Kapitän – doch eine Garantie auf Spielzeit hat er vom Trainer nicht bekommen. Wie er damit umgeht? „Ich werde keinen Ärger machen“, sagt der 32-Jährige vor dem Bundesligastart an diesem Samstag (15.30 Uhr) bei Hertha BSC.

Herr Gentner, mal wieder beginnt eine Bundesligasaison. Kribbelt’s schon?
Ich spüre eine große Vorfreude.

Nicht eher Anspannung und Unsicherheit? Der VfB startet als Aufsteiger.
Unsicherheit hast du vor Saisonbeginn eigentlich immer, weil du einfach nicht genau weißt, wo du im Vergleich zu den anderen Teams stehst. Die Anspannung kommt dann direkt vor dem ersten Spiel.

Werden Sie spielen?
Ich weiß es noch nicht.

Wie ist denn Ihre Absprache mit dem Coach?
(Lacht) Ich habe mich mit dem Trainer noch nicht auf die Einsatzzeiten für die ganze Saison geeinigt.

Im Ernst?
Es gibt keine Absprache. Der Trainer wird jeweils die Elf aufstellen, die für den jeweiligen Gegner am besten passt. Und da will ich so oft wie möglich dazugehören, ist doch klar.

Der Trainer hätte auch sagen können: „Mein Kapitän ist ein Fixpunkt in der Mannschaft.“ Beinahe das Gegenteil war der Fall.
Das hätte er sagen können, ja. Aber das ist nichts, was ich erwartet hätte. Denn alle Spieler müssen sich dem Konkurrenzkampf stellen, da will ich mich nicht rausnehmen. Sollte es also eine sportliche Entscheidung gegen mich geben, muss ich diese Meinung nicht teilen, sie aber akzeptieren. Schließlich habe ich das in der vergangenen Saison auch von Spielern wie Alexandru Maxim oder Florian Klein erwartet. Ich werde keinen Ärger machen.

Sie  haben aber auch nicht das Gefühl, dass Sie von den jungen Spielern sportlich überholt worden sind, oder?
Ich möchte schon betonen, dass ich keine schlechte Vorbereitung hatte und auch nicht in einem Leistungsloch stecke. Ich bin körperlich in einem herausragenden Zustand, konnte bisher alle Einheiten und Spiele mitmachen und hatte eine wirklich gute Vorbereitung.

Im Pokalspiel in Cottbus hätten Sie nicht von Beginn an gespielt, hätte Timo Baumgartl nicht kurzfristig passen müssen. Hätten Sie sich als Kapitän mehr Rückendeckung des Trainers gewünscht?
Mich stört nicht, dass ich keine Stammplatzgarantie bekommen habe. Sondern dass dieses Thema während der Vorbereitung überhaupt ein so großes geworden ist. Ich habe mich darüber dann mit dem Trainer ausgetauscht.

Und?
Er hat mir erklärt, dass er gegenüber Medienvertretern ganz generell gesagt hat, dass es keine gesetzten Spieler gibt. Dass er keine Freifahrtscheine ausstellen kann.

Es ging aber schon auch um Sie persönlich. Kapitän ja, Stammplatz nicht unbedingt.
(Lacht) Aber er hat ja auch nicht ausgeschlossen, dass ich spiele.

Gehört ein Kapitän auf den Platz?
Natürlich ist es mir am liebsten, auf dem Spielfeld Einfluss nehmen zu können – und das stärkt die Rolle eines Kapitäns auch nach außen hin. Andererseits geht meine Rolle hier im Verein weit darüber hinaus.

Es gibt Beispiel in der Liga von Spielern, die zwar Kapitän sind, aber wenig spielen. Julian Schuster in Freiburg, zum Beispiel.
Solch eine Rolle möchte ich für mich nicht von vorneherein akzeptieren. Dafür ist mein Ehrgeiz noch viel zu groß. Und wenn ich die Vorbereitung sehe, die Konstellation in unserer Mannschaft – dann bin ich überzeugt davon, dass ich meine Spiele machen werde.

Interpretieren Sie Ihre Rolle als Kapitän neu?
Nein. Wir haben ja eher noch mehr junge Spieler dazubekommen. Diese gilt es auch zu führen. Ich will ihnen klarmachen, dass sie aufstehen müssen, wenn es mal zu Rückschlägen kommt. Dass sie mit Leistungsschwankungen klarkommen müssen. Die wird es geben, viele spielen ihr erstes Jahr in der Bundesliga. Und das alles geht weit über die 90 Minuten am Spieltag hinaus.

Der neue Sportvorstand ist noch auf der Suche nach Verstärkungen. Auch für’s Mittelfeld, wo Sie Ihre Position sehen. Machen Sie sich Sorgen deswegen?
Überhaupt nicht. Wir dürfen nicht unterschätzen, wie schwierig diese Saison werden kann. Jeder, der die Qualität in unserem Kader anhebt, ist herzlich willkommen – im Konkurrenzkampf.

Ist die Mannschaft aktuell stark genug für die Bundesliga?
Die Saison wird eng, es wird auf Kleinigkeiten ankommen. Es wird Rückschläge geben, die uns nicht umwerfen dürfen. Insgesamt aber bin ich sicher, dass wir mithalten können.

Was fehlt dem Team noch?
Das ist schwer zu sagen, ohne dass auch nur eine Partie gespielt ist. Wichtig wird auf jeden Fall sein, dass wir die Euphorie des Aufstiegs mit in die neue Saison nehmen können. Schon die ersten beiden Spiele sind sehr wichtig, wir müssen auch die kleinsten Fehler vermeiden, denn die werden in der Bundesliga viel schneller bestraft – das muss jeder verinnerlichen.
Stehen zu viele Spieler im Kader, von denen man noch nicht weiß, wann sie konstant in der Bundesliga bestehen können?
Ich will es andersherum sagen: Wir haben genug Spieler, die schon so weit sind und das auch schon bewiesen haben.

Welchem jungen Spieler trauen Sie zu, sich besonders schnell zu entwickeln?
Ich will keinem anderen Unrecht tun, aber Chadrac Akolo hat schon das Potenzial, den Schritt schnell zu schaffen. Er hat große Fähigkeiten, viel Geschwindigkeit, ein gutes Kombinationsspiel. Auch Josip Brekalo ist schon weit. Jetzt müssen wir es schaffen, die beiden in der Offensive gut einzusetzen.

Bereitet Ihnen die Defensive Sorgen?
Wir haben uns da stabilisiert. Timo Baumgartl und Marcin Kaminski haben vergangene Saison bewiesen, was sie können. In Holger Badstuber und Dennis Aogo haben wir erfahrene Abwehrspieler dazubekommen. Ich traue uns auch in der Defensive zu, in der Liga zu bestehen.

Sie haben die Euphorie angesprochen. Wurde die gedämpft durch die Unruhe rund um den Wechsel auf der Position des Sportvorstands?
Wir haben im vergangenen Jahr unser großes Ziel erreicht, daran hatte natürlich auch Jan Schindelmeiser seinen Anteil. In Michael Reschke haben wir nun jemanden, der die Liga kennt und voll drin ist im Thema. Von daher hatten wir gleich wieder einen Ansprechpartner, es ist kein Vakuum entstanden, das war aus Sicht der Spieler besonders wichtig. Ich habe das hier auch schon anders erlebt, das war nie gut.

Ihre Prognose für die Saison?
Wie gesagt: Wir wollen schnell die ersten Punkte holen und so die Euphorie erhalten. Darauf hoffe ich, das traue ich uns auch zu. Und wenn wir am Ende den Klassenverbleib schaffen, war es eine gute Saison. Wenn wir uns aus dem Kampf gegen den Abstieg komplett raushalten können, war’s eine sehr gute.

Quelle: Stuttgarter Zeitung


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