Fort. Köln: Heimspiel gegen Haching steht an
Koschinat: "Die 3. Liga ist explodiert"

Fünfmal am Stück hat Fortuna Köln in der 3. Liga verloren. Nach passablem Saisonstart ist der Aufsteiger auf einen Abstiegsplatz abgerutscht, die Euphorie ist verflogen. Am Samstag (LIVE! ab 14 Uhr bei kicker.de) gegen Unterhaching will Trainer Uwe Koschinat mit seiner Elf Boden gutmachen und in der Tabelle zum hinteren Mittelfeld aufschließen. Vor der Partie spricht der Coach im Interview über den aktuellen Negativlauf, das Vertrauen des Umfelds in seine Arbeit und mögliche Verstärkungen im Winter.

kicker: Herr Koschinat, die Fortuna kassierte zuletzt fünf Pleiten, ist seit 380 Minuten ohne Torerfolg. Wo sehen Sie die Gründe für die aktuelle Misere?

Uwe Koschinat: Man muss die Partien einzeln betrachten. In einigen Spielen haben wir eine super Leistung auf den Platz gebracht, es dann aber versäumt, ein Tor zu erzielen. In Bielefeld und in Stuttgart waren wir letztlich chancenlos. Ab und zu fehlt aktuell der Glaube, Spiele doch noch zu drehen. In der Regionalliga hatten wir den, weil wir eine so unfassbar hohe Anzahl an Siegen hatten.

kicker: Wie kommt man nun aus dem Tief heraus?
Koschinat: Am Ende ist der Spruch so platt wie wahr: Du brauchst Erfolg. Dazu müssen wir den Gegner stärker zwingen, unterlegen zu sein. Aktuell vermisse ich die letzte Hartnäckigkeit, aus guten Phasen auch lohnende Phasen zu machen. Aber ich werde auf keinen Fall meinen Pfad verlassen. Das wäre ja Blödsinn, es würde alles infrage stellen, womit wir in den letzten Jahren so viel hier erreicht haben.

kicker: Gerade nach dem Aufstieg hätte man Ihnen ein Denkmal am Südstadion gebaut. Merken Sie, dass die Krise das Vertrauen von Fans und Umfeld in Sie bröckeln lässt?

Koschinat: Ob dieses Vertrauen so groß war, weiß ich nicht. Ich kann mich gut an die Stimmen erinnern, als ich hier vor drei Jahren angefangen habe. Als ich über den Weg der Fortuna philosophiert habe, hat mir fast jeder gesagt, dass das nicht funktionieren kann. In der letzten Saison hat selbst das engere Umfeld des Vereins nicht so recht an den Aufstieg geglaubt. Und jetzt in der Rückbetrachtung höre ich oft, dass es ja eigentlich nur Glück gewesen ist. Deshalb habe ich mir nie so viel Sand in die Augen gestreut, dass ich glauben würde, ich könnte hier jede Negativserie unangekratzt überstehen.

Das Budget ist komplett ausgereizt.
Kölns Coach Uwe Koschinat über mögliche Zugänge im Winter
kicker: Vor der Saison verkündete der Verein, dass man Ihnen jeden Kaderwunsch erfüllt habe. Hätten Sie rückblickend noch mehr auf Ihre Liste schreiben sollen?

Koschinat: Da muss man vorsichtig sein, es ging nur um realistische Wünsche. Tatsache ist, dass wir, neben meinen drei oder vier Wunschtransfers, Spieler verpflichtet haben, von denen ich nach wie vor total überzeugt bin - aber in ihrer jeweiligen Rolle. Lars Bender, Dino Bisanovic und Marco Ban stehen stellvertretend dafür. Ich habe sie geholt, als sie in einem sportlichen Tal waren. Aber ich war und bin noch immer davon überzeugt, dass sie das Zeug dazu haben, bei uns wieder Drittliganiveau zu erreichen. In Relation zu unserem feststehenden Budget war unser Weg bei der Kaderzusammenstellung alternativlos, davon bin ich überzeugt.

kicker: Gibt es finanziellen Spielraum für personelle Verstärkungen im Winter?

Koschinat: Die Geschäftsführung hat mir gegenüber klargemacht, dass es keine Ergänzungen geben kann. Das Budget ist komplett ausgereizt.

icker: Haben Sie bei der Kaderplanung den Faktor Teamgeist zu hoch und den Faktor fußballerisches Können zu gering eingeschätzt?

Koschinat: Natürlich hatte ich in den letzten Jahren den Fokus brutalst auf der Regionalliga und habe wenig Drittligafußball geguckt. Bei der Kaderplanung habe ich mir dann das Team zum Vorbild genommen, mit dem wir in Koblenz vor drei Jahren souverän die Klasse gehalten haben. Und dieses war keinesfalls stärker als die Fortuna jetzt. Man muss aber sagen, dass die 3. Liga in den vergangenen Jahren leistungsmäßig explodiert ist. Rückwärts betrachtet ist es leicht zu sagen, dass wir mit dem einen oder anderen Spieler nicht hätten verlängern sollen. Aber ich sage ganz klar: Hätte ich den Jungs nicht dieses lohnende Bild in den Kopf gesetzt, einen gemeinsamen Weg zu gehen, dann hätten wir niemals diesen Kraftakt gegen Bayern München geschafft und würden jetzt nicht über die 3. Liga reden.

kicker: Nach dem 0:2 in Stuttgart bezeichneten Sie die Bilanz der Fortuna als "desaströs". Ab wann ist sie irreparabel?

Koschinat: Wenn der Abstand auf die Nichtabstiegszone irgendwann mal auf zehn oder zwölf Punkte wachsen sollte, dann ist das kaum noch aufzuholen. Ich habe beim Blick auf den Spielplan immer gesagt, dass ein überragend guter Start und ein überragend guter September wichtig sind. Das mit dem Start hat nicht geklappt. Wenn das mit dem September auch nicht funktioniert, dann wird das ein ganz, ganz schwerer Winter.

Interview: Philip Sagioglou / kicker