Koschinat pokert hoch und gewinnt
Die Fortuna beendet mit dem 2:0 gegen Haching drei Serien auf einen Streich

720 Minuten hatte Thomas Kraus es probiert. 720 Minuten war nichts passiert. Am Samstag hingegen brauchte der Stürmer der Fortuna nach seiner Einwechslung nur neun Minuten, um endlich seinen ersten Saisontreffer zu erzielen. Mit seinem Tor zum 2:0 (78.) brachte Kraus den Erfolg der Kölner vor 1.142 Zuschauern im Südstadion gegen die SpVgg Unterhaching endgültig unter Dach und Fach. Dass der Kapitän zunächst auf der Bank Platz nahm, war nur eine von gleich mehreren überraschenden Personalrochaden, die Uwe Koschinat vorgenommen hatte und mit denen er volles Risiko ging. Der Erfolg gab dem zuletzt leidgeprüften Trainer aber Recht.
Nach fünf Niederlagen in Folge, 380 Minuten ohne eigenen Treffer und noch keinem einzigen Heimsieg, hatte Koschinat seine Anfangself ganz gegen seine Gewohnheit mal ordentlich durchgewürfelt. Sascha Marquet und Jan-Andre Sievers landeten auf der Tribüne, Kusi Kwame, Oliver Laux und Thomas Kraus auf der Bank. Dennis Engelman, Thiemo-Jerome Kialka, Cauly Oliveira Souza oder Markus Pazurek standen plötzlich und unerwartet im Mittelpunkt. „In Augen vieler regelmäßiger Zuschauer der Fortuna habe ich sicher heute spektakuläre Wechsel vorgenommen“, sagte der Coach und erklärte anschließend seinen vollends geglückten Schachzug: „Ich hatte den Eindruck, in unserer jetzigen Situation müssen es unverbrauchte Spieler sein. Dennis Engelman beispielsweise, ist von Bayer ausgeliehen, der weiß ganz genau, die Zeit bei Fortuna ist endlich. Der geht mit einer gewissen Lockerheit ins Spiel, der empfindet nicht diesen Druck. Auch ein Cauly Souza, dem Jungen sieht man an, dass er einfach nur Bock hat Fußball zu spielen. Und Kialka und Pazurek haben bestimmt riesige Lust gehabt, mir zu zeigen, dass meine Entscheidungen der letzten Wochen komplett falsch waren. Und auf diesen Faktor habe ich gesetzt.“

Es funktionierte trotz einer etwas schleppenden Anfangsphase, in der die Fortuna Probleme mit der Dreierkette und den hoch stehenden Außenspielern der Gäste hatte. Doch die Findungsphase war spätestens nach dem 1:0 durch Johannes Rahn beendet. Eine Hereingabe von Tobias Fink schoss der Ex-Bielefelder mit dem Schienbein als Aufsetzer unhaltbar zum 1:0 ins lange Eck (14.). „Wir sind alle erleichtert. Endlich mal wieder gewonnen, das war enorm wichtig und an der Zeit. Wir haben viel gearbeitet und alles gegeben. Das war der Anfang eines hoffentlich guten Septembers. Wir müssen jetzt aber weiter punkten“, so der Torschütze. „Wir haben die Hachinger heute zu Tode gekämpft. Das hatte erst mal nicht viel mit Fußball spielen zu tun, wir wollten über den Kampf ins Spiel kommen. Einzelschicksale spielen im Moment gar keine Rolle. Wir müssen als Mannschaft siegen, das haben wir gemacht. Wer die drei Punkte holt, ist sch… egal“, unterstrich Sechser Markus Pazurek. 45 Minuten lang dominierte die neu formierte Kölner Elf die Bayern größtenteils. Nur ein einziges Mal stimmte die Abstimmung nicht. Nach einem Freistoß stand Fink plötzlich am langen Pfosten allein gegen zwei Hachinger und Sascha Herröder köpfte den Ball auf die Latte (37.).

In der zweiten Hälfte erhöhte die SpVgg merklich ihre Aktivitäten. Die Fortuna hatte über eine längere Phase ihre liebe Mühe und Not mit der engen Raute des Gegners im Mittelfeld und war oft gezwungen, rückwärts zu verteidigen. Doch der eingewechselte Pascal Köpke ließ den größten Hochkaräter aus, als er nach einer Flanke des ebenfalls hereingenommenen Sascha Bigalke den Ball ans Außennetz bugsierte (64.). Uns so nuschelte Gäste-Coach Christian Ziege nach dem Schlusspfiff folgendes Statement ins Mikro: „Die Qualität im Passspiel und die erste Ballmitnahme, die wichtig ist für unser Spiel, waren heute nicht da. Es gibt Tage im Fußball, an denen manche Dinge einfach nicht funktionieren. In der zweiten Hälfte haben wir viel dafür getan, um die Partie noch zu drehen. Aber wenn du kein Tor schießt, und der Gegner macht zwei dann verlierst du das Spiel halt.“

Bis zur 78. Minute stand die Partie auf des Messers Schneide. Und dann schlug Hamdi Dahmani eine Bogenlampe Richtung Hachinger Tor und Thomas Kraus köpfte die Kugel ins Netz zur Entscheidung. „Er ist ein Spieler von dem ich sage, er muss normalerweise immer auf dem Platz stehen. Er hat heute erst das zweite Mal seitdem ich hier Trainer bin, von der Bank aus agiert. Im Nachhinein wird er vielleicht sagen, gar nicht so falsch gelegen Coach, aber trotzdem war es eine Sch… Entscheidung.“ Dass Koschinat auf unverbrauchte Spieler setzte, war die eine Seite der Medaille, aber warum er auf der anderen Seite etablierte Kräfte „opferte“, führte er auf Nachfrage auch aus. „Ich nenne mal stellvertretend Kraus und Jan-Andre Sievers. Beide leben eine unfassbare Identifikation mit dem Verein und sie waren irgendwo in eine Sackgasse gefahren. Sie würden alles dafür tun, um das zu verändern. Aber, sie laden sich einen dermaßen brutalen Rucksack auf, so dass sie blockiert sind. Normalerweise gibt es in meinem Szenario keine Situation, in der die beiden nicht auf dem Platz stehen würden.“

Autor: Stefan Kleefisch / Rheinsfussball.de