Tal der Trainer
Laberthier labert hier über die Fortuna in der Krise



Beim 1. FC Köln am Geißbockheim schaut Bruno Laberthier an jedem freien Tag, den der Herrgott Training sein lässt, vorbei und sieht nach dem Rechten. Die Fortuna aus der Südstadt hat er seit ewigen Zeiten als kölscher Unterhund ins Herz geschlossen. Und dass schöner Fuppes auch auf der anderen Rheinseite gespielt wird, weiß er ebenfalls. Außerdem schreibt er Romane: „Alle Böcke beißen …“ ist der erste (Un)Sittenroman über den 1. FC Köln, nun folgte mit "Alle Heiner freu'n sich ..." ein Fußball-Krimi über Darmstadt 98. Bruno Laberthiers Kolumnen erscheinen offline und online, also in der RHEINFUSSBALL Printausgabe und bei rheinfussball.de.
Wieder Elfmeter im Südstadion. Gedemütigt war der S.C. Fortuna zu dem Zeitpunkt schon zur Genüge. Auseinandergespielt von einem solide aufgestellten, aber wahrlich nicht ligaüberragenden Neuling aus Würzburg. Aufgerieben zwischen einer Stallorder und dem, was schon nach einer Viertelstunde nicht mehr auf die Piste kam. Gedankenlangsam zwischen den wenigen kurzen Pässen, mit langen Bällen, die nie gefährlich hinter der massierten Abwehr des Aufsteigers ankamen, und nach dem Zusammenschnurren der breiten Brust plötzlich im Handballverteidigungsmodus um die eigene Box. 0:1 und noch mehr lange Bälle auf Julius Biada und Lars Bender, die meterweise Wiese vor sich haben sollten, diese aber nicht konsequent genug nutzten. Oder auf Königs, der das Gekrampfe mit Gewalt lösen wollte – und die Pocke über den Balken bis ins Tierheim drosch. 0:2 direkt vor und 0:3 direkt nach der Halbzeit. Ab jetzt – und ich betone: erst ab jetzt – sah es in manchen Aktionen aus wie Arbeitsverweigerung. Vorher war es das Gekicke einer durch Misserfolg und fehlendes Zutrauen ins eigene Können plötzlich fußballinkompetent wirkenden Truppe. Das sah doof aus, klar, aber so geht Abwärtsspirale.
Und in dieser Phase, als die Ohnmacht längst auch die Tribünen ergriffen hatte, gab es den zweiten Elfmeter für die Gäste. Platziert geschossen war auch der. Und Poggenborg-Ersatz Tim Boss hält.

Das und die Reaktion der Mannschaft war an diesem Nachmittag der einzige Lichtblick, und in Hälfte Zwei das einzige Lebenszeichen. Einige (nicht alle!) liefen auf den Kipper zu, bedankten sich und stellten sich mit einer plötzlich anderen Körpersprache der Ecke, die folgte. Das berühmte Marsmännchen, das in diesen Sekunden auf die südstadtkölner Erde gebeamt worden wäre, hätte in dem Moment gedacht, es stehe hier Spitz auf Knopf.

So mausetot wie die Mannschaft spielte, dachte der Laberthier in dem Moment, war ihr Teamgeist vielleicht doch noch nicht.

Dann war Abpfiff. Nach dem Abrutschen auf den ersten Platz der auf dem Kopf stehenden Drittligatabelle bleibt nicht nur die Frage, ob das Team noch funktioniert und es bloß an Erfolgserlebnissen fehlt, von denen es mit dem gehaltenen Elfer wenigstens ein schadensbegrenzend klitzekleines gab.
Funktionieren Team und Trainer noch? Dass die breite Brust nach zehn Minuten auf die eines Masthähnchens implodiert, spricht nicht unbedingt für den langen Arm des Coaches in ein Spiel hinein, das von vornherein unter der Überschrift ‚Trendwende oder Ende‘ stand.

Funktioniert der Trainer noch? Uwe Koschinat wird sich dies, als sein eigener allerkritischster Kritiker, selber fragen. Dass es bei der Fortuna nochmal um einiges einsamer ist im Tal der Trainer als bei anderen Teams der Liga, macht die Sache nicht einfacher. Kohle für Verstärkungen ist kaum da. Nicht sonderlich erhebend ist auch die Tatsache, dass Koschinat die Mannschaft – oft mit alten Bekannten – im Alleingang zusammengestellt hat: oder selbst zusammenstellen musste, je nach Blickwinkel, weil es für einen Teammanager oder Sportdirektor ebenso an Schotter fehlt.
Schwere Tage also, trotz Ligapause (die mit dem Pokalspiel am Aachener Tivoli auch nicht wirklich eine ist). Schwer ist es auch, sich in solch einer Situation zu positionieren. Demissionieren kann der Trainer sich wohl nur selbst. Dass er das nicht tut, entspräche dem Uwe Koschinat, den man über die Jahre kennen- und schätzen gelernt hat. Und der Laberthier würde sich genau das wünschen, plus einen Bock, der in zwei, spätestens drei Wochen umgestoßen daliegt. Wenn die Trainerbatterie allerdings leer wäre oder es im Binnenverhältnis zur Mannschaft nicht mehr stimmt, dann muss das Undenkbare ausgesprochen werden.

Dann müsste die Fortuna im Lotto gewinnen und mit, sagen wir, Stefan Krämer ein Kenner der 3. Liga her, der zusammen mit einem Sportdirektor Koschinat dafür sorgt, dass es nicht zur Champions League Qualifikation in der umgedrehten Tabelle reicht.

rheinfussball.de