DRITTE LIGA Nach Trainer Kienle muss auch Sportdirektor Feichtenbeiner gehen / Hock übernimmt

WIESBADEN - Am Donnerstagabend konnte auch Christian Hock mal kräftig durchatmen. Für einen kurzen Moment. Nach den aufregenden Tagen zuvor. Der 45-Jährige genoss mit der Familie den 70. Geburtstag seines Vaters. Ehe es schon heute nahtlos für ihn weitergeht. Schließlich arbeitet Hock gerade an allen Fronten beim SV Wehen Wiesbaden: Vor vier Wochen übernahm Hock erst als Interimstrainer die Profis, seit Mittwoch ist er auch Sportdirektor des Fußball-Drittligisten. „Ich war selbst überrascht, als der Anruf von Präsident Markus Hankammer am späten Dienstag kam, ob ich mir den Posten vorstellen kann“, erzählt Hock. Und wurde damit Nachfolger von Michael Feichtenbeiner, den der SVWW nach zweieinhalb Jahren beurlaubt hat. Hock verrät: „Es ist eine Herkulesaufgabe, aber ich bin extrem motiviert dafür.“

Von 2006 bis 2008 war Hock Chefcoach des SVWW, führte die Hessen in die Zweite Liga, seit Januar 2013 leitet er das Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) und die A-Jugend. Bis Rundenende ist der Ex-Profi für die Erste Mannschaft verantwortlich, danach kommt Sven Demandt als neuer Trainer. Und Hock wird gemeinsam mit seinem ehemaligen Zimmerkollegen von Mainz 05 (1994 bis 2001) die sportliche Leitung inne haben. Mit dem klaren Ziel: Aufstieg.

„Keine Aufbruchstimmung“

„Wir haben uns am Mittwoch getroffen, sind uns sehr einig über die Spielphilosophie, Neuzugänge und diejenigen, die wir halten möchten“, schildert Hock, dessen NLZ-Job neu ausgeschrieben werden soll. Schon am Mittwoch und Donnerstag führte Hock Gespräche mit José Pierre Vunguidica, Tobias Jänicke und Kevin Schindler, deren Verträge im Juni auslaufen. „Wir müssen natürlich schnellstmöglich diese Personalien klären“, so Hock, der vor allem am Verbleib von Kapitän Vunguidica interessiert ist.

Für Feichtenbeiner ist das Kapitel SVWW seit Dienstag definitiv beendet. Am Morgen hatte der 54-Jährige noch Demandts Verpflichtung nach einem tagelangen Ringen mit Borussia Mönchengladbach eingetütet, wenige Stunden später unterrichtete Hankammer ihn über die Beurlaubung. „Es war eine insgesamt enttäuschende Saison für uns. Wir haben unsere Ziele klar verfehlt. Es ging also um die Frage: Wie lösen wir den Knoten, damit wir in der kommenden Spielzeit die Möglichkeit haben, um den Aufstieg mitzuspielen. Uns allen im Präsidium hat der Glaube an eine Aufbruchstimmung in der bisherigen Konstellation gefehlt“, erläuterte Hankammer (siehe auch nebenstehendes Interview). Feichtenbeiner wollte sich nicht mehr äußern, verabschiedete sich in die Heimat nach Stuttgart. Im April musste er noch Marc Kienle, den er 18 Monate zuvor geholt hatte, zu dem das Verhältnis mit der Zeit aber immer mehr abkühlte, vor die Tür setzen, nun hat es ihn selbst erwischt. Auch die Kommunikation zwischen Feichtenbeiner und Mannschaft soll schon länger nicht mehr gestimmt haben. Dazu kamen die teils blamablen Resultate der zurückliegenden Monate. Wie im Vorjahr verlor der SVWW frühzeitig den Kontakt zu den Aufstiegsplätzen, nach der Trennung von Kienle verpasste der Klub obendrein noch durch das Halbfinal-Aus im Hessenpokal in Kassel (0:1) das letzte Ziel, die Qualifikation für den DFB-Pokal. Unter Feichtenbeiners Führung kamen in zweieinhalb Spielzeiten 23 neue Profis, nur wenige wie Luca Schnellbacher und Thomas Geyer schlugen wirklich ein. Viele andere Verpflichtungen, Marco Königs, Adam Straith, Julian Wießmeier, Sascha Wolfert und Denis Perger zum Beispiel, waren nach kurzer Zeit wieder Geschichte.

Gezielte Verstärkungen

Hankammer spricht also von einem „konsequenten Neuanfang“. Die Entscheidung für Hock fiel dem Klubchef nicht schwer: „Er hat sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren als Leiter des NLZ sehr gut entwickelt. Das war für ihn Neuland, doch er hat dort einen super Job gemacht. Auch als Interimstrainer hat er sich sofort in den Dienst des Vereins gestellt.“ Hock und Demandt, mit dessen Verpflichtung der 45-Jährige nach eigenen Angaben noch nichts zu tun hatte, haben zwar schon einen Kader mit 16 Spielern für die kommende Saison, das Duo hat aber auch Mittel zur Verfügung, um Vunguidica und Jänicke zu erhöhten Bezügen zu halten, und gezielte Verstärkungen zu holen. Besonders auf der linken Abwehr, in der Innenverteidigung, im defensiven Mittelfeld, auf dem rechten Flügel und im Sturm besteht Handlungsbedarf.

Auf Hock warten also nach dem Saisonfinale gegen Duisburg in einer Woche wieder spannende und intensive Tage. Mit Demandt steht der Aschaffenburger im engen telefonischen Kontakt, der neue Trainer wird aber erst nach Ende der Regionalliga-Runde mit der Gladbacher U23 beim SVWW aufschlagen – was aufgrund der möglichen Play-offs Anfang Juni der Fall sein könnte.

wiesbadener-tagblatt.d