Sankt Cauly, Ham die nich und die Hoffnung auf Frühjahrsziele

Beim 1. FC Köln am Geißbockheim schaut Bruno Laberthier an jedem freien Tag, den der Herrgott Training sein lässt, vorbei und sieht nach dem Rechten. Die Fortuna aus der Südstadt hat er seit ewigen Zeiten als kölscher Unterhund ins Herz geschlossen. Und dass schöner Fuppes auch auf der anderen Rheinseite gespielt wird, weiß er ebenfalls. Außerdem schreibt er Romane: Nach „Alle Böcke beißen…“ und "Alle Heiner freu'n sich ..." hat er kürzlich mit "Alle Löwen feiern..." ein Fußball-Krimi über den Wuppertaler SV veröffentlicht. Für RHEINFUSSBALL schüttet er regelmäßig sein Herz für FC, Fortuna und Viktoria aus.
Anfang Mai 2016 wurden die Tore zum Innenraum des Kölner Südstadions geöffnet für einen Platzsturm aus gegebenem Anlass. Fortuna Köln war es gelungen, zum zweiten Mal in Folge die Klasse zu halten. Vor allem das Offensivpärchen Julius Biada und Marco Königs hatte mit jeder Menge sehenswerten Toren Anteil am Verbleib der Kölner in der 3. Liga. Und zelebriert hatten das die Fortunen und ihre Anhänger auch schon.

Also durften die Gästefans aufs Gras, und die ließen sich unter den Augen einer Viertelhundertschaft feixender Polizisten, denen die Nummer auch Spaß zu machen schien, nicht zweimal bitten. Der Anhang des FC Erzgebirge Aue feierte die Rückkehr in die 2. Bundesliga auf dem Südstadtgrün, was schön anzusehen war und in einer Wechselgesangs-Orgie mit Kölner Fans endete, die sich hinter keiner Karwochenliturgie verstecken musste.
Dann war Sommerpause und es kam, wie es kommen musste. Der für die 3.Liga hoheitspolizeilich zuständige, allerdings humorbefreite DFB verdonnerte die Auer zu einer fetten Geldstrafe für die Fête auf dem Kölner Acker. Und die Fortuna verlor ihre Familienjuwelen. Das eine Ei, Biada, wechselte nach Braunschwieg, das andere versuchte sich als Königs der Herzen in Würzburg bei den mit Aue aufgestiegenen Kickers. Die Kehrseite der Exaltation in der abgelaufenen Spielzeit war die Kastration für die nächste. Mit Marc Brasnic und Serhat Koruk verpflichtete Fortuna-Coach Uwe Koschinat zwar jungen, aber auch fußstapfen-zu-kleinen Ersatz für die beiden. Auch der schon länger als ordentlicher Stürmer in Verdacht stehende Johannes Rahn stach nicht.

Trotzdem ist das hier kein Abgesang auf die Fortuna, sondern euer Laberthier darf ganz andere Töne anschlagen. Fortuna Köln hat die Hinrunde ihrer 3. Spielzeit in der 3. Liga mit mehr als beachtlichen 28 Punkten abgeschlossen. Bei zwanzig Mannschaft und also neunzehn Partien sind das, logo, nicht nur Unentschieden, sondern mehr Siege als Niederlagen. Und dafür brauchst du Tore.

Die schoss in Ermangelung von Stürmertoren ein Duo, das alle nostalgisch veranlagten Kölner an Litti und Icke erinnern dürfte. Zusammengerechnet etwa drei Meter zwanzig groß, volleyten und filigranspitzelten Cauly Oliveira Souza und Hamdi Dahmani dreizehn Tore in des Gegners Günter Netze. Zudem bedienten sie sich gerne gegenseitig. So ziemlich alle erzielten Kisten waren sehenswert à la luxe.

Sankt Cauly ist längst auf den Zetteln der Scouts und Kiebitze, die regelmäßig bei der Fortuna wildern kommen. Man munkelt, dass Heidenheim seinen Trainer persönlich geschickt hat, um den Einundzwanzigjährigen von der Seite her anzugucken. Der Fortuna kann das nicht recht sein, weil der Vertrag des Brasilianers ausläuft. Nach Julius Biada droht Uwe Koschinat am Ende der Spielzeit die nächste vergiftete, weil dem Verein null Gulden erlösende Anerkennung durch Vereinswechsel.

Zu machen wäre da nix.

Bleibt Dahmani, der karrieretechnisch ein Malheurchen bei der ungeliebten Stadtrivalin Viktoria hatte, ehe Koschinat ihn 2014 auf die richtige Rheinseite rückverpflichtete und zum Publikumsliebling avancierte. Wie der 28jährige das Vertrauen von Fans und Coach zurückzahlt, inzwischen auf sein vierteltausendstes Spiel im Trikot der Fortuna zusteuert und damit Vereinsikonen wie Dirk Lottner hinter sich lässt, zählt zu den besonders schönen Tümchen in Zeiten von hektisch vertragshechelnden Clubwechseln.

„Hamdi Dahmani?“, dröhnt folglich die wortwitzigste Frage durch Köln-Süd, die sich an diesem Ort und an Tagen wie diesen mit deutscher Wohlanständigkeit und einem tunesischen Vornamen erfinden lässt: „Ham die nicht!“ Das kann und sollte tunlichst so bleiben.

Denn dann, und nur dann, kann der fantastische Arbeit leistende Uwe Koschinat, der sich an der Seitenlinie regelmäßig die Kehle heiser schreit („Hier brüllt nur einer, Uwe und sonst keiner!“) und die Spielanalyse danach gerne zu den dritten 45 Minuten macht („Die Angina-Monologe“), auch mal den Blick in Richtung oben richten.
In der vergangenen Saison gingen der Mannschaft zur Hälfte der Rückrunde die Argumente aus, sich nochmal langzumachen. Der Klassenerhalt war absehbar, der Abstand nach oben zu groß und die Auswahl derer, die nach der Spielzeit die Papiere erhalten sollten, schon getroffen. Das könnte diesmal anders aussehen. Zu Platz drei sind es gerade mal vier Punkte. Vor allem für das überschaubare Völkchen am Jean Löring -Sportpark wäre es fein, wenn auch für das letzte Viertel der Dauerkarte ordentlicher Fußball geboten würde.

Denn immer nur der Partykeller für die anderen zu sein, ist zwar nett. Doch irgendwann will man auch mal selbst die Strafe vom DFB crowdfunden müssen. Mit zwei Dreiern minimum aus den Rückrunden-Auftaktkicks gegen Madgeburg, Kleinbremen und die Wasserfilter aus Hessisch-Düsseldorf würde man an den Toren zum Innenraum zumindest schon mal rütteln.

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