Der tiefe Fall des FSV Frankfurt
Neue Hoffnung – oder doch ein Insolvenzantrag? Der FSV Frankfurt wankt derzeit ohne Führung durch eine tiefe Krise. Schon bald sollen beim Drittligaklub aber die entscheidenden Fragen beantwortet werden.

Der Schlachtplan des FSV Frankfurt im wirtschaftlichen Überlebenskampf steht. Aber die große Frage ist: Wird er sich aufgrund der schwierigen Gemengelage auch umsetzen lassen? „Aufgabe Nummer eins ist der Geschäftsführer. Aufgabe Nummer zwei ist die Lizenz für die dritte Profiliga. Und Aufgabe Nummer drei ist der Sanierungsplan“, zählte das Aufsichtsratsmitglied Stephan Siegler am Sonntag die anstehenden Arbeitsschritte auf. Am Bornheimer Hang gibt es unter gewaltiger Anspannung sehr viel zu tun, nachdem Geschäftsführer Clemens Krüger und das gesamte Vereinspräsidium ihren Rücktritt für den 31. März angekündigt haben. Es ist eine große Herausforderung, in der Kürze der Zeit von Vereinsseite aus die Weichen so zu stellen, damit der FSV sportlich und finanziell noch eine Zukunft in der dritten Profiliga hat. Dass er überhaupt überlebensfähig ist.

Fest steht: Diese Woche ist die Woche der Wahrheit. Als vorrangigste Aufgabe wird aktuell die Installierung eines dann wahrscheinlich kommissarischen Geschäftsführers angesehen. Es müsse sichergestellt sein, dass die Fußball-GmbH handlungsfähig bleibe, heißt es. „Nur der Geschäftsführer kann die Korrespondenz mit dem Deutschen Fußball-Bund führen“, sagte Siegler am Sonntag dieser Zeitung. Nach seinen Angaben befindet sich auch der Aufsichtsrat auf der Suche nach einem Übergangs-Geschäftsführer. Gemäß der Vereinssatzung bestellt das Präsidium den Geschäftsführer. Inwieweit sich das Noch-Präsidium ebenfalls um einen Nachfolger für Krüger bemüht, ist zumindest von Julius Rosenthal nicht zu erfahren. Der Noch-Präsident stand für ein Gespräch nicht zu Verfügung.

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„Wir suchen keinen Geschäftsführer“
Als Kandidat für den kommissarischen Geschäftsführerposten gilt der bisherige Prokurist in der GmbH, Patrick Spengler. Auch er wollte sich auf Anfrage nicht äußern. „Wir suchen keinen Geschäftsführer“, sagte Noch-Vizepräsident Walter Schimmel derweil am Sonntag. „Denn wir gehen davon aus, dass es Patrick Spengler macht. Er ist auch geeignet dafür.“ Nur will er unter den momentanen Voraussetzungen auch Verantwortung übernehmen?

So oder so, am Donnerstag werde etwas passieren, kündigte Siegler, der auch Stadtverordnetenvorsteher ist, wichtige Entscheidungen an. Dann werden sich er, der ehemalige FSV-Präsident Michael Görner und ein noch zu findender dritter Mann entscheiden, ob sie zusammen ein kommissarisches Präsidium mit Görner an der Spitze bilden werden. Das Noch-Präsidium müsste einvernehmlich mit dem Aufsichtsrat die neuen Präsidiumsmitglieder vorschlagen, „damit der eingetragene Verein rechtlich handlungsfähig ist, wenn Personen ausscheiden“, sagte Siegler. Kämen er und Görner in den kommenden Tagen hingegen zu der Einschätzung, dass in Bezug auf die FSV-Finanzen „keine positive wirtschaftliche Prognose“ vorhanden sei, müssten sie, so Siegler, dem Noch-Präsidium empfehlen, sowohl für die GmbH als auch für den eingetragenen Verein (e.V.) einen Insolvenzantrag zu stellen. Warum auch für den e.V.? „GmbH und e.V. sind wirtschaftlich eng verflochten“, sagte Siegler.

Beim FSV hatte die GmbH den e.V. von Jahr zu Jahr mit Forderungen durch gestellte Rechnungen belastet. Laut veröffentlichter Bilanz von 2015 war so ein Saldo von etwa 2,3 Millionen Euro aufgelaufen. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation des e.V. – er hat dieses Geld nicht – konnte dieser Guthabenposten der GmbH jedoch nicht realisiert werden. Ein Insolvenzverwalter hingegen würde versuchen, die fällige Summe beim e.V. zurückzuholen.

Müsste der FSV noch in dieser Saison – trotz des 2:0-Heimerfolgs über die Sportfreunde Lotte steht der Klub weiter auf einem Abstiegsplatz – einen Insolvenzantrag stellen, würden den Frankfurtern vom DFB neun Punkte abgezogen werden. „Das wäre der definitive Abstieg in die Regionalliga“, sagte Siegler. Der Verein müsste dann schauen, ob er die für die vierthöchste Spielklasse erforderliche Bankkaution in Höhe von 35 000 Euro zusammenbekäme. „Die Insolvenz würde nicht den Tod bedeuten – vor allem nicht den Tod für unsere tolle Jugendarbeit. Wir haben ein starkes Nachwuchsleistungszentrum, es ist eine gute Substanz da“, sagte Siegler.

Die wirtschaftliche Lage, so wie sie sich aktuell darstellt, sei „nicht aussichtslos“, meinte das Aufsichtsratsmitglied. „Wir sind in Verhandlungen mit sehr vielen Partnern.“ Die Hinweise, dass sich der Namenssponsor des Stadions, die Frankfurter Volksbank, am Rundenende zurückziehen wird, verdichten sich aber. Allerdings hat der FSV mit „Infront Sports & Media“ auch einen Vermarktungspartner, der dem Klub gewisse Erlöse garantiert. Wie von mehreren Seiten zu hören ist, konnte der FSV bisher alle fälligen Gehaltszahlungen leisten. Außerdem sollen keine Rechnungen in der Form offen sein, dass es dafür keine Lösungen gäbe. Aber wie sicher ist das alles? Im Rahmen der Liquiditätsplanung muss jetzt festgestellt werden, welche Rechnungen in welcher Größenordnung mit welchem Zahlungsziel in den kommenden Monaten auf den FSV zukommen werden.

„Sehr schwer, die Lizenz zu bekommen“
Sollte in den kommenden Tagen kein kommissarischer Geschäftsführer gefunden werden, ließ es Siegler offen, ob er für ein Übergangspräsidium zur Verfügung stünde. Ohne eigene Lösung durch den FSV würde das Amtsgericht Frankfurt einen Geschäftsführer einsetzen. „Das dauert, und die Person müsste sich erst einarbeiten“, sagte Siegler. „Das würde die Fristen beim DFB gefährden. Es wäre dann sehr schwer, die Lizenz zu bekommen.“

Krüger, der wie das Noch-Präsidium stark in der Kritik steht, hält die „Diskussionen und Vorwürfe“ für „schädlich. Der Fokus sollte auf dem sportlichen Klassenverbleib liegen“, sagte er. Darüber hinaus wollte sich der Diplom-Kaufmann nicht äußern. Es ist kein Geheimnis mehr, dass er sich im Sommer ohnehin zurückgezogen hätte.

Quelle: F.A.Z.