Björn Schüssler
Zeit-Lupe


1. FC Köln gewinnt, Fortuna wird gefeiert

Das Kölner Stadtderby im Finale des DFB-Pokals 1983 ist bis heute eine einmalige Konstellation. Dass am Ende der siegreiche Fußball-Bundesligist ausgepfiffen wird, wohl ebenso.

Von Björn-Christian Schüßler

Pfiffe im Müngersdorfer Stadion. Seit 67 Minuten wird in der Heimspielarena des 1. FC Köln an diesem 11. Juni 1983 Fußballgeschichte geschrieben. Denn während heute Fans im DFB-Pokal gern „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin“ skandieren, wurde vor 35 Jahren noch nicht fest im Berliner Olympiastadion der Pokalsieger ausgespielt. Doch die Fans des „Effzeh“ sind mit dem Spiel ihrer Mannschaft alles andere als zufrieden. Schließlich ist der Bundesligist mit dem markanten Geißbock als Maskottchen haushoher Favorit gegen den Zweitliga-Verein Fortuna Köln. Ein Stadtderby im Pokalfinale – eine bis heute einmalige Konstellation.

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Klaus Allofs (Mitte) und Toni Schumacher (rechts), die Stars des
1. FC Köln, bewundern in der Umkleidekabine den DFB-Pokal. Der Jubel
der Kölner Zuschauer bleibt ihnen allerdings verwehrt. Archivfoto: dpa


Entsprechend platzt das Müngersdorfer mit rund 60.000 interessierten Zuschauern aus allen Nähten. Und die Fans sind merklich unzufrieden mit den vom Niederländer Rinus Michels trainierten Weltstars um DFB-Keeper Harald „Toni“ Schumacher und FC-Ikone Pierre Littbarski. Denn in den ersten 45 Minuten sehen die Fans ein Spiel auf ein Tor – ausgerechnet Außenseiter Fortuna Köln lässt Angriffswellen rollen – freilich ohne an Schumacher vorbeizukommen. Angetrieben von Mittelfeldmotor Hannes Linßen macht „dat Vereinche“ aus der Südstadt, wie Kulttrainer Jean Löring die Fortuna liebevoll nannte, mit Hans-Jürgen Gede, Bernd Grabosch und Dieter Schatzschneider der FC-Abwehr das Leben schwer. Gede trifft in der 29. Minute aus 25 Metern nur die Latte.

Der Favorit agiert behäbig, aufreizend, lustlos. Als FC-Stürmer Klaus Allofs schließlich unbedrängt einen Ball aus 15 Metern in den Kölner Himmel ballert, ist es um die Geduld geschehen. Auch bei „Litti“, der sich in der 68. Minute die Chance nicht nehmen lässt, einen Abpraller zum 1:0 abzustauben. Das Siegtor.

Der Jubel hält sich in Köln in Grenzen. Bei Abpfiff ergießt sich ein gellendes Pfeifkonzert auf die FC-Stars, beim Rathausempfang am Folgetag gibt es maximal höflichen Applaus von gerade einmal 500 Fans. Ganz anders die Reaktion auf die Underdogs der Fortuna, die in diesem Stadt-Finale viele Sympathien einheimsen, unter dem Jubel der Massen eine Ehrenrunde drehen und später mit 5.000 Anhängern im Südstadion, stolz auf ihre Leistung, feiern.


Quelle: https://www.main-spitze.de