Kolumne von Eric Scherer: Fortuna Köln will dem FCK keine Chance auf den Turnaround bieten

Von Eric Scherer

Am Montagabend empfängt der 1. FC Kaiserslautern zuhause auf dem Betzenberg Fortuna Köln. Für die Kölner ist die Marschroute klar: Den Lauterern nicht das Gefühl geben, dass sie nach dem schlechten Saisonstart den Turnaround schaffen könnten.

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KAISERSLAUTERN - Sie tun wirklich alles, um am Montagabend auf dem Betzenberg, ab 19 Uhr, einen kühlen Kopf zu bewahren. Diese Woche etwa haben die Profis von Fortuna Köln unter ärztlicher Aufsicht sogar eine „Ganzkörperkältekammer“ besucht, in der bis zu minus 100 Grad herrschen. Die Schockfrostung soll Herz-Kreislauf- und Immunsystem stärken. Die Zahlenfreunde unter den Fans des 1. FC Kaiserslautern dagegen dürften davon ausgehen, dass es in dieser Partie kein Remis geben wird, sollte sich der Gegner treu bleiben: Die Fortunen haben in dieser Runde bislang drei Mal verloren und drei Mal gewonnen. Freunde unseres Blogs wissen jedoch: Daraus wahrscheinliche Spielausgänge abzuleiten, ist nicht unser Ding. Widmen wir uns bei unserer Gegnerbetrachtung lieber einem anderen Aspekt, der gerade im Vergleich mit unserem Herzensklub interessant erscheint: der personellen Kontinuität bei Fortuna Köln.

Einige der Kölner sind auch Medienphänomene

Prostituierte haben für diesen Verein ebenso schon Geld gesammelt wie Pfarrer, der Philosoph Walter Jens gehörte ebenso zu seinen Fans wie der auf Proll-Rollen spezialisierte Mime Ralf Richter. Und für publikumswirksame PR-Fotos ließ die Mannschaft auch schon mal die Hosen runter. Überhaupt gehörten dem Klub aus der Kölner Südstadt einige Kicker an, die außer Berufsfußballern auch Medienphänomene sind oder waren: Tim Wiese, Hans Sarpei oder Ex-Knacki Daniel Keita-Ruel, der in diesem Sommer nach Fürth gewechselt ist.

26 Jahre lang, von 1974 bis 2000, war Fortuna Köln fester Bestandteil der zunächst noch ein-, später zweigleisigen Liga. Selbst FCK-affine Fußballkonsumenten, die diese Klasse seinerzeit nur am Rande verfolgten, dürften aus dieser Ära noch zwei markante Persönlichkeiten in Erinnerung geblieben sein: Mäzen und Präsident Jean Löring, der die Klubgeschicke streng patriarchalisch leitete und einen Trainer auch schon mal in der Halbzeitpause feuerte, sowie der stets eigenwillig frisierte Hannes Linßen, der zehn Jahre für die Fortuna spielte und später dort gleich drei Dienstzeiten als Trainer antrat.

Nach Löring kam Ulonska– und mit ihm die Wiederauferstehung

2006, ein Jahr nach dem Tode Lörings, wurde Klaus Ulonska an die Spitze des Klubs gewählt, Kölner Urgestein, ehemaliger Leichtathlet und Karnevalspräsident, der für den darniederliegenden Verein zur nicht minder prägenden Gestalt wurde. Unter seiner Führung glückte die finanzielle Konsolidierung und die sportliche Wiederauferstehung aus der Verbandsliga Mittelrhein.
Seit der Saison 2014/15 spielt Fortuna Köln wieder in der untersten Profiliga. Und auf dem Trainerstuhl sitzt der gebürtige Koblenzer Uwe Koschinat, ebenfalls bereits branchenunübliche sieben Jahre.
Als Spieler der TuS kam der heute 47-jährige nie über die vierte Klasse hinaus. Seine erste Trainerstation trat er noch als aktiver Fußballer an, und zwar nebenher: Er übernahm das Basketballteam, in dem seine Frau spielte. „Von dem Sport hatte ich zunächst nicht viel Ahnung, daher konzentrierte ich mich auf den athletischen Bereich“, erzählte er später.

Vom Basketball- zum Fußballcoach: Hauptsache physisch

Dabei stellte er fest, dass ihm Mannschaftsführung liegt, und als sich dann auch noch Erfolge einstellten, reifte in ihm der Wunsch, es auch in seinem Sport als Coach zu versuchen. Nach fünf Jahren als „Co“ bei der TuS Koblenz heuerte er als Chef bei der Fortuna an. Im gleichen Jahr erwarb er seine Fußballehrerlizenz an der Hennes Weisweiler-Akademie. Mit ihm drückten die Schulbank unter anderem: Thomas Schneider, Sami Hyypiä, Markus Gisdol sowie der spätere Pressing-Extremist Roger Schmidt.
In einem ist sich Koschinat seit seinen Anfängen als Frauen-Basketballtrainer treu geblieben: Auch in seiner Art, Fußball zu spielen, wird die Physis betont: „Passstafetten und Ballzirkulation sind bei uns sind nicht so ausgeprägt“, umschreibt er das Spiel seiner Mannschaft.

Ebenfalls ungewöhnlich: Koschinat ist bei der Fortuna nicht nur Trainer, sondern auch Sportdirektor und Kaderplaner, also Michael Frontzeck, Boris Notzon und Martin Bader in einer Person. Und seit dem Tode Klaus Ulonskas im Jahr 2015 ist er zudem Gesicht und Sprachrohr des Vereins. Was Fans und Beobachtern freilich auch ein bisschen Sorge bereitet: Was eigentlich soll aus der Fortuna werden, wenn Uwe Koschinat einmal weiterzieht? Sein aktueller Kontrakt läuft bis 2020.
Zuletzt hat die Fortuna zwei Mal hintereinander gewonnen, jeweils 2:0 in Braunschweig und gegen Carl Zeiss Jena. Den 1. FC Kaiserslautern wähnt Koschinat nach dem missglückten Saisonstart in einer Drucksituation, in der ein Spiel vor heimischer Kulisse zusätzlich belasten kann: „Der 1. FC Kaiserslautern hat eine hohe Zahl an Spielern im Kader, die ein negatives Gefühl im eigenen Stadion nicht gewohnt sind“. Seine Marschroute daher: „Wir dürfen ihnen nicht das Gefühl geben, dass sie in der Lage sind, den Turnaround zu schaffen. Wenn Fortuna Köln 1:0 in Führung geht, wird es schwer, gerade auch für einen 1. FC Kaiserslautern in dieser Phase.“


Quelle: www.wormser-zeitung.d