Debakel gegen Dynamo
Dresden spielt beim 5:1 Hase und Igel mit der Fortuna im Südstadion

„Das war nah am Debakel. Wir müssen jetzt alles ändern“, befand Uwe Koschinat am Samstag zur Pause beim Stande von 0:2 im Kölner Südstadion. Nach dem Schlusspfiff hatte sich nichts verändert und das Debakel war bittere Realität. In einem über 90 Minuten ungleichen Duell gewann Dynamo Dresden auch in der Höhe verdient vor 3.341 Zuschauern gegen einen in allen Belangen überforderten Kontrahenten. Der Tabellenführer spielte wie im Märchen der Gebrüder Grimm Hase und Igel mit den Südstädtern.
In der gesamten 3. Liga war zu diesem Zeitpunkt gerade mal ein Tor gefallen, da hatte es im Kasten der Fortuna schon zweimal geklingelt. Eilers lief mit Tempo von rechts in die Mitte, zog von Höhe der Strafraumgrenze mit links ab und traf zum 0:1 flach ins rechte Eck (4.). Nur sieben Minuten später wuchtete Dresdens Hefele einen Kopfball nach einer Ecke zum 0:2 in die Maschen. Genau davor hatte der Fortuna-Trainer in der gesamten Woche zuvor gebetsmühlenartig gewarnt. Doch Koschinat, der seine Elf auf vier Positionen geändert hatte, fand offensichtlich kein Gehör bei seinem Team. Für den verletzten Andersen, Fink, Kwame und Pazurek begannen Engelman, Schröder, Dahmani und Bender. Gerade die drei letztgenannten konnten dem Spiel aber zu keiner Phase ihren Stempel aufdrücken. Dahmani und Schröder überließen den Dresdnern komplett das Zentrum. Bender gab Eilers zu viel Raum. Einzig Engelman zeigte noch eine durchschnittliche Darbietung. „Dresden hat mit dem ersten Schuss das 1:0 gemacht und mit der zweiten Aktion das zweite Tor, dann ist es gegen diese Mannschaft schwer. Nach der Pause, Zack, erster Standard 3:0. Dynamo ist halt im Moment nicht unser Maßstab. Jeder hat zu Hause schon mal verloren, auch so hoch, aber die Kunst ist es, wieder aufzustehen“, versuchte Routinier Schröder später seine Mitspieler moralisch wieder aufzurichten.

Doch hätte sich Tim Boss an diesem Tage nicht zum besten Kölner aufgeschwungen, es hätte schon zur Pause ein Schützenfest für Dynamo geben können. Der Poggenborg-Ersatz blieb Sieger im Eins-gegen-Eins mit Eilers (19.) und entschärfte einen Schuss von Stefaniak mit einem starken Reflex (42.). Doch gegen den Kopfball von Testroet nach Freistoß Stefaniak zum 0:3 (47.) war der Fortuna-Keeper dann machtlos. Nur fünf Minuten später hatte Eilers freie Bahn, er legte den Ball uneigennützig rüber zu Aosman, dieser erzielte das 0:4. Hatte Dresden in der ersten Hälfte elf Minuten gebraucht für zwei Tore, waren es im zweiten Abschnitt nur acht Minuten. Sechs Minuten vor dem Ende brachte Boss dann den eingewechselten Väyrynen zu Fall, und Eilers verwandelte den Elfer mit seinem achten Saisontreffer zum 1:5. „Unser Start war natürlich desaströs. In der Pause hatten wir uns vorgenommen, aggressiver in die Zweikämpfe zu gehen, und dann bekommen wir gleich das 0:3. Das Ergebnis spricht eine klare Sprache. Beim Elfmeter berühre ich Eilers, aber er fällt vorher“, erklärte Boss, der sich nun in den letzten beiden Spielen acht Gegentore einfing.

Ähnlich wie in den Heimspielen gegen Cottbus und Magdeburg wollte die Fortuna Johannes Rahn als Anspielstation nutzen, um so die Spitzen Biada und Königs in Szene zu setzen. Doch den beiden fehlte dieses Mal die Durchschlagskraft, Rahn verlängerte zu selten. Und an Dresdens Kapitän Hefele prallte alles ab. Nur einmal wurde Königs gut vom eingewechselten Bösing mit einem Schnittstellenpass in Szene gesetzt. Und Fortunas Torjäger tunnelte dann auch prompt Dresdens Keeper Blaswich zum zwischenzeitlichen 1:4 (69.). Der Ehrentreffer konnte Florian Hörnig aber logischerweise hernach auch nicht mehr aufmuntern. „Das war das zweite Spiel nach Wiesbaden, in dem wir defensiv in unsere Einzelteile zerfallen. Wenn wir mal 2015 betrachten hat sich das in den Spielen gegen Kiel und gegen Rostock auch schon angedeutet. Es gibt vieles zu tun, ich weiß gerade gar nicht, wo wir da anfangen sollen. Letztes Jahr hatten wir eine der besten Abwehrreihen und dieses Jahr lassen wir uns die Tore viel zu einfachen einschenken. Ich habe es auch in den letzten beiden Spielen nie geschafft, die Mannschaft als Kapitän zu führen. Die jungen Spieler können derzeit nicht zu den älteren aufschauen. Ich bin fassungslos. Es wird ganz, ganz schwierig unser Ziel Klassenerhalt zu schaffen“, betonte der Kölner Innenverteidiger. In dieser Verfassung wird die Fortuna in der Tat keine Chance auf ein weiteres Jahr 3. Liga haben.

Das hatte auch der Trainer erkannt, der seine taktischen Maßnahmen mit Bender als Linksverteidiger und Schröder als einzigem Sechser im Mittelfeld unterstützt von Dahmani im Nachhinein selber nicht als optimal empfand. Einen Kristoffer Andersen kann die Fortuna nicht ersetzen, das wurde auch am Samstag erneut allzu deutlich. „Ich könnte eine Niederlage gegen die meiner Meinung nach beste Mannschaft der Liga verkraften, wenn die Art und Weise nicht so demoralisierend gewesen wäre. Wir waren in vielen Situationen qualitativ unterlegen. Insgesamt waren wir nach dem 0:2 auch sehr handlungslangsam. Am Ende war es eine klare Sache. Meine Personalentscheidungen sind heute nicht so aufgegangen. Das war eine brutale Demonstration, mit welchem Tempo Dresden umgeschaltet hat. Wir müssen uns jetzt alle hinterfragen, ohne uns dabei aber komplett in Frage zu stellen“, nahm sich Koschinat keineswegs von der berechtigten Kritik aus.

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