Schmerzerfüllt, aber glücklich
Fortuna beschert sich selber: Auch gegen die Kickers gibt es ein 3:1 zu Hause



Sie hatten alles gegeben. Das war auch nach außen hin für jeden erkennbar. Lars Bender versteckte seine fixierte, schmerzende rechte Schulter unter einer dicken Winterjacke. Kristoffer Andersen humpelte, nachdem er umgeknickt war, mit einer Bandage um das Sprunggelenk über den Rasen. Und Markus Pazurek stieg mit einem großen Eisbeutel um sein verdrehtes Knie mühsam die Stufen Richtung Kabine runter. Alle drei Fortuna-Spieler mussten am Samstag vorzeitig vom Feld. Der Lohn ihrer Mühen war aber vor 1.618 Zuschauern im Südstadion der vierte Heimsieg in Folge. Wie schon vor Wochenfrist gegen den VfL Osnabrück gewann die Mannschaft von Trainer Uwe Koschinat auch gegen die Stuttgarter Kickers mit 3:1.
Während die Südstädter nun Zwölfter sind und mit 25 Punkten genauso weit von der Abstiegszone wie von der Aufstiegsregion entfernt sind, behält die Mannschaft des neuen Coaches Tomislav Stipic die rote Laterne in der 3. Liga und wartet nunmehr seit zwölf Spielen in Serie auf ein Erfolgserlebnis.

Schon vor dem Anpfiff standen die Vorzeichen nicht gut für die Gäste, die ohne den gesperrten Marchese und ohne die verletzten Braun, Müller, Badiane, Starostzik, Sirgedas und Calamita antreten mussten. Die Fortuna begann hingegen unverändert zum voraufgegangenen Spieltag. Dass dem Gegner die Selbstsicherheit fehlt, war schon nach sieben Minuten zu erkennen, als Torwart Klaus einen Fauxpas beging, der aber nicht bestraft wurde. Dessen Versuch, Fortunas Torjäger Marco Königs nach einem Rückpass zu umspielen, scheiterte, aber in der Mitte klärte Abruscia vor dem einschussbereiten Julius Biada. Ein frühes Tor hatte sich Uwe Koschinat deshalb erhofft. Und sein Wunsch wurde erfüllt. Nach einer Ecke der Kickers warf Torwart Andre Poggenborg den Ball weit auf die linke Seite, wo Lars Bender zielstrebig in Richtung gegnerischen Strafraum loszog, er bediente mustergültig in der Mitte den mitgelaufenen Cauly Oliveira Souza, dessen Rechtsschuss landete aus 15 Metern erst am linken Innenpfosten und dann im Netz zum 1:0 (15.).

Drei Minuten später gingen Bender und der Stuttgarter Bahn zu einem Kopfball hoch. Beide mussten kurze Zeit später nach diesem Zusammenprall angeschlagen raus. Dahmani ersetzte Bender. Für Bahn kam Fischer, der nach einem Drehschuss aus zehn Metern Poggenborg prüfte (23.). Nach 34 Minuten erhielt die Fortuna einen Freistoß zentral auf Höhe der Strafraumgrenze zugesprochen. Biada schlenzte den Ball gekonnt mit rechts in die Torwartecke zum 2:0. Sehenswert war auch vier Minuten später der Fernschuss von Oliveira-Souza, den Klaus diesmal aber bravourös aus dem Winkel fischte. Kurz vor der Pause sah Kusi Kwame nach einem Foulspiel die gelbe Karte, seine fünfte. Damit wird der Linksverteidiger nächsten Samstag der Fortuna in Aalen fehlen.

In der zweiten Halbzeit machte die Fortuna nur noch das Notwendigste. Die Kölner schalteten zwei, drei Gänge zurück. Stuttgart war bemüht. Von Durchschlagskraft war aber wenig zu spüren. Bis zur 72. Minute, da flankte Jordanov von rechts und der eingewechselte Fischer traf den Ball freistehend am Elfmeterpunkt nicht richtig mit der Stirn. Den Sack zu machten die Südstädter zwölf Minuten vor dem Ende. Der eingewechselte Michael Kessel eroberte noch in der eigenen Hälfte die Kugel, spielte Doppelpass mit Dahmani und legte den Ball dann nach innen zu Königs, der aus kurzer Entfernung das 3:0 markierte. Das 1:3 durch Markus Mendler nach einem Flachschuss in die lange Ecke war nur noch Ergebniskosmetik (82.).
Stimmen zum Spiel: Kristoffer Andersen (Fortuna)
„Wir spielen die erste Halbzeit oft sehr gut, in der zweiten Hälfte kommen wir dann schwer rein. Da müssen wir mal drüber reden, was da immer los ist. Insgesamt war der Dreier aber verdient, die Kickers hatten kaum Torchancen. Die erste Halbzeit war überragend, vielleicht waren wir nach dem ersten Tor zu schnell zufrieden und danach wollten wir zu viel Fußball spielen und zu wenig kämpfen. Der Sieg war sehr wertvoll. Jetzt haben wir acht Punkte Vorsprung auf Stuttgart. Das ist schon sehr viel. Jetzt müssen wir nächste Woche in Aalen versuchen, den negativen Trend zu stoppen. Dann können wir sehr zufrieden in den Urlaub gehen.“
Lars Bender (Fortuna)
„Wir wollten die Kickers auf Abstand halten und die drei Punkte holen. Das ist uns, denke ich, eindrucksvoll gelungen. Ich bin mit meinem Gegenspieler zum Kopfball gegangen in der Szene und im Laufe des Spiels wurden die Schmerzen in der Schulter schlimmer und dann musste ich leider raus. Jetzt fahre ich gleich erst mal ins Krankenhaus, ich denke aber, es ist nichts kaputt.“
Tomislav Stipic (Trainer Stuttgarter Kickers)
„Wir haben heute nicht nur ein Spiel, sondern auch einen sehr wichtigen Spieler verloren. Wir mussten heute ohne fünf Stammspieler nach Köln fahren. Da tut so eine Verletzung umso mehr weh. Es ist leicht, gegen uns Tore zu erzielen. Nach einem Eckball für uns fällt das 0:1, dann bekommen wir einen Freistoß zentral vor dem Tor gegen uns, und dem dritten Gegentor geht dann auch ein einfacher Ballverlust voraus. In der zweiten Halbzeit haben wir die rausgespielten Chancen nicht gemacht, dann kann man ein Spiel auch nicht egalisieren oder noch gewinnen. Wir machen zu viele leichtsinnige Fehler. Wir müssen die Fehlerquote minimieren. Dann werden wir auch wieder gewinnen.“
Uwe Koschinat (Trainer Fortuna)
„Wir wussten, dass die Chance heute gegen eine hervorragende Stuttgarter Mannschaft einmalig ist. Zwei Faktoren haben uns in die Karten gespielt: Zum einen der Negativlauf und zum anderen der enorme personelle Aderlass bei den Kickers. Da waren heute absolute Qualitätsspieler wie Marchese nicht dabei. Das musst du ausnutzen, das haben wir heute getan. Ich bin sehr froh, dass wir die Räume erkannt und in den entscheidenden Situationen zugeschlagen haben, beziehungsweise die entsprechende Effektivität hatten. Auf der anderen Seite sind wir in der zweiten Halbzeit mit einer sicheren 2:0-Führung im Rücken permanent geschwommen. Da fehlten die Konsequenz in den Aktionen und die absolute Entschlossenheit. Für einen Abstiegskandidaten haben wir eine sehr gute Heimbilanz, dies ist die Basis dafür die Klasse zu halten. 25 Punkte sind eine sehr gute Ausgangssituation, jetzt müssen wir schleunigst sehen, dass wir unsere desaströse Auswärtsbilanz aufpolieren.“

rheinfussball.de