TM-Interview

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Fortuna Kölns Ernst: „Wenn wir aus Fehlern lernen, ist der Verein bereit für Großes“

SC Fortuna Köln hat eine gute Spielzeit hinter sich. Lange hatte das Team um Trainer Uwe Koschinat (46) die Aufstiegsränge im Blick. Zudem steht der SC noch im Halbfinale des Verbandspokals im Stadtderby gegen Viktoria. Eine Konstante dabei ist Rechtsverteidiger Dominik Ernst (Foto), der vor der Saison vom Regionalligisten Aachen kam. Sven Bauer (lapdog) sprach mit dem 27-Jährigen über das diesjährige Abschneiden, Aufstiegsträume, das große Ziel DFB-Pokal sowie seinen späten Weg in den Profifußball.

Transfermarkt: Herr Ernst, vor der Saison habe ich meine Prognose für die Fortuna abgegeben und getippt, dass der Verein auf dem sechsten Tabellenrang landet. Was hätten Sie vor der Spielzeit dazu gesagt?

Dominik Ernst: Im Sommer hat ein großer Umbruch stattgefunden und jeder wusste, dass sich die Mannschaft erst einmal finden muss. Doch das hat alles sehr schnell geklappt. Wir wurden schnell zu einer Einheit und das hat man ab dem ersten Spieltag gemerkt. Dass wir so eine gute Saison spielen, damit haben die Wenigsten gerechnet. Ich bin stolz darauf, was wir geleistet haben.

Transfermarkt: Nachdem das Saisonende naht, der SC zwischenzeitlich um den Aufstieg mitspielte, jetzt aber damit nichts mehr zu tun hat: Wie denken Sie nun darüber, wie würden Sie das Jahr zusammenfassen?

Ernst: Im Großen und Ganzen war das bis hierher eine geile Saison. Auch wenn wir länger oben dran waren und natürlich alles dafür getan haben, es zu schaffen, mussten wir doch etwas Tribut zollen für das, was wir geleistet haben. Trotz allem ist es eine super Saison mit vielen tollen Highlights.

Transfermarkt: Woran machen Sie es fest, dass es für den ganz großen Coup nicht gereicht hat?

Ernst: Am Ende muss man sagen, dass wir in jedem Spiel ans Maximum gegangen sind und wir deswegen in dem einen oder anderen Spiel nicht alles abrufen konnten. Wenn die anderen dann kontinuierlich punkten, ist es auf Strecke schwer, oben dran zu bleiben.

Transfermarkt: Während es bei anderen Klubs rumort, wird in Köln ruhig weitergearbeitet, selbst zwischenzeitliche Suspendierungen werden eher nebensächlich wahrgenommen. Welchen Anteil hat Trainer Koschinat daran, welchen Eindruck haben Sie von ihm?

Ernst: Gerade das macht den Verein aus. Es wird ruhig gearbeitet, wir haben einfach ein familiäres Umfeld. Wir haben einen sehr guten Trainer, der mit solchen Situationen umzugehen weiß. Er redet viel mit den Spielern und kann die Dinge perfekt einschätzen. Die Zusammenarbeit als ganzes Team macht uns stark.

Transfermarkt: Ist ein erneuter Angriff in Richtung zweite Liga in der kommenden Saison ein Thema?

Ernst: Ich glaube, dieses Jahr haben wir als gesamte Mannschaft viel gelernt. Wenn wir aus den Fehlern lernen, die wir gemacht haben, ist dieser Verein, diese Mannschaft, bereit für etwas Großes, ganz klar. Trotzdem sollten wir auf dem Boden bleiben und immer hart arbeiten. Vielleicht klappt es dann eines Tages mit Liga 2.

Transfermarkt: Sie selbst sind eine der positiven Überraschungen des Kaders. Im Sommer aus der Regionalliga gekommen, haben Sie sich sofort einen Stammplatz erobert. Hätten Sie damit gerechnet, dass es so gut läuft?

Ernst: Am Anfang ist natürlich alles neu und man muss sich erst einmal zurechtfinden. Ich habe früh gemerkt, dass ich mich durch meine Spielweise und Mentalität schnell etablieren kann. Nach den ersten Spielen war ich drin und habe das Vertrauen mit Leistung zurückgezahlt.

Transfermarkt: Wo liegen die größten Unterschiede zwischen den beiden Spielklassen?

Ernst: Die größten Unterschiede sind ganz klar das Tempo und das Körperliche.

Transfermarkt: Wenn Sie nicht gesperrt waren, haben Sie immer gespielt. Wie haben Sie das Pensum weggesteckt?

Ernst: In manchen Phasen ist es schon hart, aber man muss halt auch seinen inneren Schweinehund überwinden. Durch meine Art kenne ich nur 100 Prozent und Vollgas!

Transfermarkt: Mit welchen Argumenten hatte Sie Uwe Koschinat nach Köln gelotst und wie schwer fiel Ihnen der Weggang aus Aachen?

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Ernst: Ich war drei schöne Jahre in Aachen. Ich bin dort gereift und habe mich gut entwickelt. Doch im Fußballerleben muss dann auch der nächste Schritt kommen. Der Kontakt zur Fortuna entstand früh, Uwe Koschinat hat sich sehr um mich bemüht, sodass ich nicht lange überlegen musste, „Ja“ zu sagen.

Transfermarkt: Für Sie ist die Saison noch lange nicht vorbei, denn im Halbfinale des Mittelrheinpokals steht das Stadtderby bei Viktoria an. Wie groß ist die Vorfreude auf das Spiel, wie wichtig ist es für den Verein?

Ernst: Auf das Halbfinale freuen wir uns schon sehr. Es ist ein richtiges Derby, das wollen wir unbedingt gewinnen und ins Finale einziehen. Für den Verein ist es natürlich sehr wichtig, aber auch für uns Spieler: Wir wollen unbedingt in den DFB-Pokal.

Transfermarkt: Am „Tag der Amateure“ könnte es im Finale zu einem Wiedersehen mit Ihrem Ex-Klub Alemannia kommen. Was würde Ihnen diese Partie bedeuten?

Ernst: Wenn wir Viktoria schlagen, wartet im Finale Alemannia Aachen. Ein Wiedersehen wäre top und schön zugleich. Dennoch wollen wir natürlich auch dieses Spiel gewinnen, um eine tolle Saison zu krönen.

Transfermarkt: Die Aachener Fans sind stimmgewaltig und sehr leidensfähig – wie bewerten Sie die Kulisse im Südstadion?

Ernst: Natürlich hat Aachen tolle Fans, keine Frage. Doch auch jedes Spiel im Südstadion ist etwas Besonderes. Die Fans stehen immer hinter uns und die Stimmung ist toll. Man merkt bei jedem Fan die Liebe zur Fortuna.

Transfermarkt: Die Fortuna hat seit Jahren den zweiten Stadtplatz zementiert – der 1.FC steigt ab, die Viktoria wohl erneut nicht auf. Ist es für den Klub möglich, langfristig wieder in die zweite Liga aufzusteigen und auch dort zu verweilen?

Ernst: Es wäre eine tolle Sache, wenn dieser Verein auch in die 2.Bundesliga zurückkehrt. Wenn man dies schafft, muss man alles daran setzen, die Liga zu halten. Das wäre für diese tolle Stadt großartig, zwei Kölner Mannschaften in den ersten beiden Ligen zu haben.

Transfermarkt: Wenn man sich Ihre Laufbahn anschaut, fällt auf, dass Sie erst mit 27 Jahren den Sprung in den Profifußball geschafft haben. Warum ergab es sich nicht früher?

Ernst: Das frage ich mich ehrlich gesagt auch, warum erst so spät. (lacht) Manchmal spielen viele Faktoren eine Rolle oder man trifft vielleicht auch mal eine falsche Entscheidung. Jetzt bin ich froh, es endlich geschafft zu haben, und ich werde alles geben, dass dieser Weg noch weitergeht.

Transfermarkt: Auf der anderen Seite haben Sie bewiesen, dass man es mit Geduld und Willenskraft schaffen kann. Was hat Sie immer wieder angetrieben?

Ernst: Die Liebe zum Fußball, einfach die Art, dafür alles zu geben, um das Bestmögliche zu erreichen. Ich habe immer an mich geglaubt, weil ich weiß, was ich kann und wozu ich in der Lage bin.

Transfermarkt: Ihr Weg ist noch lange nicht zu Ende. Durch Ihre Leistungen haben Sie sich in die Notizbücher anderer Vereine gespielt. Wie gehen Sie mit dem Interesse um?

Ernst: Natürlich ist es schön, nach so einer Saison Begehrlichkeiten zu wecken. Für einen Fußballer ist es immer toll, wenn Leistung honoriert wird. Aber mit mehr beschäftige ich mich nicht, das wäre der falsche Weg, zumal ich mich hier sehr wohl fühle.

Transfermarkt: Was reizt Sie insgesamt, welche sportlichen Ziele haben Sie?

Ernst: Jeder Fußballer hat Ziele und natürlich ist mein Traum, einmal in der 2.Bundesliga zu spielen. Am liebsten mit Fortuna Köln.

Transfermarkt: Was machen Sie, wenn Sie nicht gerade Fußball spielen?

Ernst: Wenn ich mal nicht auf dem Platz stehe, versuche ich so viel Zeit wie möglich mit meiner Familie zu verbringen, Freundschaften aufrechtzuerhalten und natürlich meinem Körper Ruhe zu gönnen.

Transfermarkt: Bitte erzählen Sie ein Erlebnis aus Ihrem Fußballerleben.

Ernst: Der emotionalste Moment meiner Laufbahn war, als ich mit Alemannia Aachen gegen Rot-Weiss Essen gespielt habe. Es war vor 30.000 Zuschauern der Tabellenerste gegen den Zweiten und wir haben 1:0 gewonnen. Mit diesem Sieg haben wir die die ganze Stadt glücklich gemacht. Einfach ein schöner Moment – vor allem den Menschen in die Augen zu gucken, wie glücklich sie sind.

Transfermarkt: Wir bedanken uns recht herzlich für das Gespräch und wünschen Ihnen für die weitere Zukunft alles Gute.


Interview: Sven Bauer (Lapdog)

Quelle: www.transfermarkt.de