Der Keller unter Fortuna
Laberthier labert hier über eine schöne Momentaufnahme aus der Südstadt.



Beim 1. FC Köln am Geißbockheim schaut Bruno Laberthier an jedem freien Tag, den der Herrgott Training sein lässt, vorbei und sieht nach dem Rechten. Die Fortuna aus der Südstadt hat er seit ewigen Zeiten als kölscher Unterhund ins Herz geschlossen. Und dass schöner Fuppes auch auf der anderen Rheinseite gespielt wird, weiß er ebenfalls. Außerdem schreibt er Romane: „Alle Böcke beißen …“ ist der erste (Un)Sittenroman über den 1. FC Köln, nun folgte mit "Alle Heiner freu'n sich ..." ein Fußball-Krimi über Darmstadt 98. Bruno Laberthiers Kolumnen erscheinen offline und online, also in der RHEINFUSSBALL Printausgabe und bei rheinfussball.de.
Zwischen Europameisterschaft und Drittligastart war euer Laberthier in einem schönen Polen-Städtchen. Lublin heißt es, und liegt ziemlich weit durch im Südosten des Landes. Nach Warschau fährt man von dort ungefähr genauso lange wie nach Lemberg, der Stadt in der Ukraine, die sie in Polen Lwow nennen. Lwów!, mit Nachdruck, wie aus der Sprechblase eines Comic-Hunds.

Über die Saisonvorbereitungen daheim in Köln hielt sich der Laberthier in Lublin nur sporadisch auf dem Laufenden. Beim FC war alles im Lack, hieß es, sogar Jonas Hector war in die Domstadt zurückgekehrt, statt nach Batzelona zu gehen. Bei der Viktoria freute man sich über ein attraktives Los in der 1. DFB-Pokal-Hauptrunde und machte sich ansonsten hoffnungsfroh wie jedes Jahr an die Hanteln und Laktattests. Nur bei der Fortuna lief es nicht so rund, ein paar Testspiele waren ergebnistechnisch im Teich gelandet, spektakuläre Neuverpflichtungen blieben aus und das einzige Lächeln, das den Anhängern ins Gesicht gezaubert wurde, stammte von einem fiktiven Amateurdetektiv und Fortuna-Fan, der sich nach der Finalniederlage in Bonn Ende Mai wortspielmächtig über den Gegner lustig machte. Viktoria Köln, pffft, hatte der gekeilt: als Vereinsname zu traditionsheischend und erst recht zu anmutig für die Stänze von drüben. Er nenne sie deswegen nur noch Sonnenbank Großarschloch.

In Lublin gibt es eine entzückende Altstadt, fünf Universitäten mit zusammen 100.000 Studierenden und einen Drittligisten namens Motor Lublin, der gerade die Relegation für die zweite polnische Liga versemmelt hat. Das Kölsch heißt dort Perla, ausgeschenkt wird es überall, auch in einem beschaulichen Weinparadies direkt am Altstadtmarkt, das – und hier holt es einen plötzlich zurück nach Köln – ‚Piwnica pod Fortuna‘ heißt. Der Keller unter Fortuna. Na entzückend. Der Keller unter der Fortuna, dachte euer Laberthier. Den auszukoffern wird schwer. Drei Mannschaften wollen auch in Sechzehn-Siebzehn tiefer gelegt sein als die Truppe von Uwe Koschinat. Bloß welche? Welche, wenn man sah, wie Fortuna sich einen Korb nach dem anderen holte bei den gestandenen Unterunterhausstürmern dieser Welt. Und sich zudem wieder die Verletzungen häuften: erst Kristoffer Andersen, dann Florian Hörnig.

Und dann? Dann kam alles anders. Erst der vollumfänglich überzeugende Sieg in Magdeburg, von einer plötzlich sattelfesten Abwehr mit der Null verziert und in der Offensive dreimal zückerlich heraus gezaubert von einer hochkonzentrierten Fortuna. Eine Woche darauf das Vergolden des Auswärtsdreiers im Heimspiel gegen eine nach frühem Rückstand schlicht überforderte Fischschule aus Bremen. Sechs Punkte, fünf Treffer, kein Gegentor. Die Fortuna grüßt von ganz oben. Und der Keller unter der Fortuna war auf einmal neunzehn Stockwerke tief. Man muss das jetzt auch mal auskosten dürfen, ganz kurz, ehe es Mitte August wird. Die Fortuna hat zwei Punkte Vorsprung und das deutlich bessere Torverhältnis auf den ersten Nichtaufstiegsplatz! Diese Momentaufnahme würdigt per Twitter auch der berühmteste deutsch-polnische Kölsche, Lukas Podolski. Poldi staunt kleine Bauklötzchen über die Tabelle in Liga 3, die von den Cleveren und Bescheidenen aus der Südstadt angeführt wird. Darauf ein Perla im Piwnica pod Fortuna!

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